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Buch - Herbert Blomstedt "Mission Musik"

Herbert Blomstedt ist eine der herausragenden Dirigentenpersönlichkeiten unserer Zeit. Im Juli feiert der Musiker seinen 90. Geburtstag - unter anderem mit einem Konzertmarathon bei fast allen Orchestern, die er in seinem langen Leben als Chefdirigent geleitet hat. Und dann gibt es auch noch Abstecher zu Orchestern, zu denen er eine besonders enge Beziehung hat, wie dem BR-Symphonieorchester, mit dem Blomstedt am 23. und 24. März Bachs "Johannes-Passion" aufführt. Nun sind Gespräche der Journalistin Julia Spinola mit dem umtriebigen Künstler als Buch erschienen.

Bildquelle: Henschel Verlag

Der Buchtipp zum Anhören

"Ich fange seit einiger Zeit den Tag mit einer kurzen Meditation über Sätze der Johannes-Passion an", beschreibt Herbert Blomstedt ein morgendliches Ritual. "Das ist eine wunderbare Beschäftigung, die als Vorbereitung für die Aufführungen dient, die ich in München und Oslo machen werde." Die Musik von Johann Sebastian Bach stand von jeher im Zentrum von Blomstedts Musizieren. Und das aus vielerlei Gründen: Zum einen begann Blomstedt seine professionelle Musikerlaufbahn zunächst als Organist, und von daher hat er sich natürlich viel mit Bachs Musik beschäftigt. Zum anderen war er sieben Jahre lang Gewandhauskapellmeister in Leipzig, in jener Stadt also, in der Bach als Thomaskantor wirkte. Und schließlich ist dem streng gläubigen Blomstedt Bachs musikalische Gottesverehrung nicht nur musikalisch, sondern auch spirituell sehr nah.

Die Welt und das Reich Gottes waren für Bach keine unvereinbaren Realitäten. Das Vollkommene können wir nie erreichen, aber es schwebt uns immer vor.
Herbert Blomstedt

Selbstzweifel sind wichtig

Dirigent Herbert Blomstedt | Bildquelle: © Martin U.K. Lengemann Herbert Blomstedt | Bildquelle: © Martin U.K. Lengemann Eine weitere Analogie zu Bach: Blomstedt hat als Dirigent gewissermaßen das protestantische Arbeitsethos verinnerlicht. Sogar mit nun bald 90 Jahren studiert er vor einer Aufführung jede Partitur eingehend aufs Neue, auch wenn er sie schon viele Male dirigiert hat. Doch nach außen wirkt er stets entspannt und locker. Das vermittelt sich bei der Probenarbeit mit Orchestern wie auch in den Gesprächen, die die Journalistin Julia Spinola mit ihm für das Buch  "Mission Musik" geführt hat. Blomstedts Menschenfreundlichkeit ist geradezu ansteckend. Seine Bescheidenheit trotz des Weltruhms, den er genießt, nicht minder bemerkenswert. Dennoch oder gerade deshalb vermag er beim Dirigieren seine genauen Vorstellungen so einvernehmlich zu kommunizieren. Dabei ist Blomstedt davon überzeugt, dass es die absolute Sicherheit in musikalischen Fragen trotz noch so intensiver Beschäftigung mit den Partituren niemals geben kann: "Selbstzweifel begleiten mich immer", erklärt der Dirigent. "Selbstzweifel sind gut. Das Umgekehrte, ein Zuviel an Sicherheit, ist tödlich in der Kunst. Natürlich muss ein Gleichgewicht gehalten werden. Die Zweifel dürfen nicht zerstörerisch wirken."

Musiker - ein bisschen wie Engel

Auch wenn die gesamte Biographie Herbert Blomstedts mit den Stationen in Stockholm, Kopenhagen, Oslo, San Francisco, Dresden, Leipzig und Hamburg in den Gesprächen abgehandelt wird - und natürlich auch seine enge Beziehung zu Komponisten wie Anton Bruckner, Felix Mendelssohn-Bartholdy, Ludwig van Beethoven, aber auch den Schweden Wilhelm Stenhammar: An keiner Stelle wirkt das Buch trocken oder ermüdend - auch deshalb, weil der Leser Blomstedt als universell gebildeten, offen interessierten und den Menschen zugewandten Zeitgenossen kennenlernt. "Ich betrachte Musiker nicht als ein Mittel zum Zweck", lautet ein Credo des Dirigenten. "Es schlummern mysteriöse Fähigkeiten in ihnen, Fähigkeiten, die ich nicht habe, und die man hervorkitzeln kann. Man sollte sie ein bisschen behandeln wie Engel. Sie sind Botschafter von etwas Göttlichem."

Infos zum Buch

Herbert Blomstedt: "Mission Musik"
Gespräche mit Julia Spinola
gebunden, 183 Seiten
Preis: € 24,95
erschienen im Henschel Verlag

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