"Hier wo mein Wähnen Frieden fand - Wahnfried - sei dieses Haus von mir benannt." Mit diesem Taufspruch hat Richard Wagner 1874 seine Bayreuther Künstler-Villa getauft. Der einzige Sohn war geboren, die Zeit der Flucht war vorbei und endlich konnte er an einem Ort arbeiten. Auch nachdem Wagner hier seine letzte Ruhe fand, blieb das Anwesen fest in der Hand der Familie: Vier Wagner-Generationen haben hier gewohnt. Wahnfried sollte von vornherein vieles sein: Wohnhaus, Begegnungs- und Erinnerungsort.
Bildquelle: ConBrio-Verlag
Der Buchtipp zum Nachhören!
"Wahnfried war kein 'Ärgersheim' für uns und erst recht kein Museum. Es war eine von Schönheit, Unordnung und Musik, von Kunstwillen und hofgärtlicher Natur, von Lachen und Weinen, großen Lieben und kleinen Gemeinheiten durchzogene mythische Insel sowohl im Meer der Geschichte wie inmitten der Häuser von Bayreuth, wo wir alle zur Schule gingen." So beschreibt Nike Wagner ihre ganz persönliche Kindheit in der Villa Wahnfried. Nachlesen kann man die Geschichte im neuen Text- und Bildband über die Villa. Viele verschiedene Autoren kommen hier zu Wort und sorgen für ein abwechslungsreiches Bild vom Anwesen, ob im Interview, als Einschätzung oder durch historische Darstellungen. Mal faktisch, mal kritisch, historisch, aktuell, distanziert oder emotional.
Ich komme um, und werde unfähig ferner noch zu arbeiten, wenn ich nicht endlich eine Wohnung finde, wie sie mir nöthig ist.
Die Villa Wahnfried in Bayreuth | Bildquelle: Kristina Kreutzer Die Herausgeber Markus Kiesel und Joachim Mildner haben viele Autoren beauftragt, über Wagners Wohnung, die Villa Wahnfried und deren Hintergründe zu schreiben. Den größten Teil des Bandes bildet ein Beitrag von Verena Naegele über die Geschichte des Hauses. In mehreren Kapiteln arbeitet sie sich chronologisch voran - von den ersten Gedanken Wagners über ein festes Domizil bis ins Jahr 2010. Die Autorin beschreibt ausführlich Verhandlungen, Architektur und Inneneinrichtung. Den historischen Kontext, wirtschaftliche und politische Zusammenhänge vergisst sie dabei nicht. Und sie veranschaulicht ihre Texte durch viele Zitate, Graphiken, Kunstzeichnungen, Fotografien und andere Dokumente: Wort und Bild sind in diesem Band gleichermaßen wichtig. Der deutsche Text wurde auch gleich ins Englische übersetzt, denn man denkt international.
Kleine Makel stören gelegentlich den Lesefluss: Zwischen den Kapiteln über die Wahnfried-Geschichte sieht man Fotografien des aktuellen Geländes. Das reißt den Leser immer wieder aus der Historie heraus. Fragwürdig sind auch die frei stehenden Phrasen aus Wagners Opernlibretti. Dadurch werden künstlich Beziehungen zwischen Werk, Mythos und Biographie geschaffen. Zudem muss man sich bei den vielen Autoren immer wieder an einen anderen Schreibstil gewöhnen.
Davon abgesehen erfährt der Leser aber viel Wissenswertes, von dem sowohl Wagner-Kenner als auch Wagner-Laien profitieren können. Dies ist kein Buch für schnelle Information, denn man muss sich auf die vielen Texte einlassen. Genau das macht aber letztlich die Qualität des Bandes aus. Nach Lektüre der 176 Seiten kann man Cosima Wagner verstehen:
Es ist ein eigener Zauber, dieses Leben in Wahnfried.
herausgegeben von Markus Kiesel und Joachim Mildner
Zweisprachig deutsch/englisch
176 Seiten, Hardcover, über 200 farbige Abbildungen
Hardcover
Preis: € 48,00
erschienen im ConBrio-Verlag