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Album der Woche – Krystian Zimerman und Simon Rattle mit Beethoven Die fünf Klavierkonzerte

Krystian Zimermans Beethoven-Projekte standen unter keinem guten Stern: Als der Pianist erstmals die Klavierkonzerte mit den Wiener Philharmonikern einspielte, stand anfangs Leonard Bernstein am Pult – doch dieser starb, bevor die Aufnahmen abgeschlossen waren. So komplettierte Zimerman die Einspielung als Solist und Dirigent in Personalunion. Nach über 30 Jahren wurde Zimermans Neuanlauf letztes Jahr erneut ausgebremst, dieses Mal durch die Corona-Pandemie. Im Dezember konnte es unter Einhaltung diverser Abstands- und Hygieneauflagen nun doch noch zur Aufnahme aller fünf Konzerte kommen.

Bildquelle: Deutsche Grammophon

Der CD-Tipp zum Anhören

Nun gehört der mittlerweile 65-jährige Krystian Zimerman zu den größten Musikerpersönlichkeiten unserer Zeit. Über die begnadete Technik des Pianisten wird fast nie ein Wort verloren. Man nimmt sie einfach hin und setzt sich lieber mit der außergewöhnlichen Musikalität und dem sicheren Stilgefühl auseinander. So auch bei dieser Neueinspielung der Beethoven-Konzerte. Natürlich und virtuos spielt Zimerman dieses Repertoire. Vom Älterwerden keine Spur. Bemerkenswert ist, dass er gerade die ersten beiden Konzerte jugendlicher angeht als Ende der 1990er Jahre. So nimmt er sich nicht nur zwei Minuten weniger für den Kopfsatz des C-Dur-Konzerts. Er artikuliert auch spritziger und gestaltet Forte-Piano-Akzente schroffer, kecker.

Freche Ausdrucksdimension

Zimerman hat seinen Zugang zu den Konzerten hörbar überdacht. Gerade in den ersten beiden Konzerten entdeckt er jetzt eine humorvolle und freche Ausdrucksdimension. Energisch zupackend und zugleich flexibel wird unter Rattles Leitung musiziert. Die Tempi sind überwiegend straff. Dennoch nehmen sich die Musikerinnen und Musiker Zeit für stellenweise romantische Klangfülle und lange Melodiebögen in den langsamen Sätzen.

Kurz und bündig

Dieses Album lohnt sich, obwohl …
… das Beethovenjahr vorbei ist und kein Mangel an vorliegenden Einspielungen herrscht.

Dieses Album ist ein Hörgenuss, weil …
… die fünf Konzerte nicht über einen Kamm geschert, sondern individuell angegangen werden.

Dieses Album hört man am besten, wenn …
… man mal wieder mit dem Älterwerden hadert und einen Gegenbeweis braucht.

Jung geblieben

Im Booklet berichtet Zimerman über eine intensive Beschäftigung mit den historischen Instrumenten aus Beethovens Zeit. Von ihnen lässt er sich inspirieren, bevorzugt für seine Interpretation aber nach wie vor einen modernen Flügel, allerdings mit verschiedenen eingesetzten Tastaturen. Diese orientieren sich etwa beim Vierten Konzert an der Mechanik eines Anton Walter-Klaviers, das Beethoven selbst benutzt hat. Ein wichtiges Detail! Zimerman unterstreicht damit, wie wichtig ihm ein jeweils individueller Zugang zu den fünf Konzerten ist. Das ist spannend zum Hören, Entdecken und Wieder-Entdecken dieses Repertoires! Und es macht Freude zu hören, wie gut sich Simon Rattle und Zimerman musikalisch verstehen und jung geblieben sind.

Infos zur CD-Box

Ludwig van Beethoven:
Klavierkonzert Nr. 1 C-Dur, op. 15
Klavierkonzert Nr. 2 B-Dur, op. 19
Klavierkonzert Nr. 3 c-Moll, op. 37
Klavierkonzert Nr. 4 G-Dur, op. 58
Klavierkonzert Nr. 5 Es-Dur, op. 73

Krystian Zimerman (Klavier)
London Symphony Orchestra
Leitung: Simon Rattle

Label: Deutsche Grammophon

Sendung: "Piazza" am 10. Juli 2021 um 08:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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