Er wird mit Ende 20 jetzt schon als einer der großen Pianisten des 21. Jahrhunderts gefeiert. 2011 gewann er den legendären Moskauer Tschaikowsky-Wettbewerb. Mittlerweile lebt er in seiner Wahlheimat New York und ist auf den internationalen Podien gefragt: Daniil Trifonov. Geboren in der russischen Stadt Nischni Nowgorod studierte Trifonov zunächst in Moskau, später in den USA. Sein aktuelles Doppelalbum ist eine Hommage an die Musik seines Heimatlandes.
Bildquelle: Deutsche Grammophon
Der CD-Tipp zum Anhören
Diese Musik fließt und ist dabei unglaublich reich an melodischen, harmonischen und motivischen Ideen: Alexander Skrjabin komponiert sein einziges Solokonzert innerhalb einer Woche. Er ist damals, im Jahr 1896, gerade mal 24 Jahre alt. Rückblickend ist das Stück ein Werk des Übergangs: Gefühlsbetonte romantische Sehnsucht verschmilzt mit gewagteren Harmonien und individuellem Ausdrucksbedürfnis. "Skrjabin komponiert, als würde er improvisieren", meint Daniil Trifonov im Booklet. Skrjabin war früher Trifonovs Lieblingskomponist. Wegen seiner Musik hätte er das Klavier überhaupt erst ernst genommen, meint der russische Pianist. Dafür kann man jetzt nur dankbar sein. Zusammen mit dem Mariinsky Orchestra und unter Leitung von Valery Gergiev erkundet Trifonov bezwingend Skrjabins Klavierkonzert, gestaltet unglaublich differenziert die vielseitige Farbpalette und lässt nach der Klangwucht des Beginns im Mittelsatz Thema und Variationen in glänzendem Licht ertönen.
Dieses Album wird lieben, wer ...
... Klaviermusik liebt.
Dieses Album hat gefehlt, weil ...
... allein das Skrjabin-Konzert fulminant gespielt wird.
Dieses Album ist ein Hörgenuss, weil ...
... Trifonov ein genialer Klangkünstler ist.
"Silver Age" – "Silbernes Zeitalter" heißt Trifonovs Doppelalbum. Der Starpianist vereint unter diesem Motto Musik von Skrjabin, Strawinsky und Prokofjew. Skrjabins Klavierkonzert ist das einzige Stück aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert. Die anderen Werke: Prokofjews Zweites Klavierkonzert, seine Sarkasmen und die Klaviersonate Nr. 8, Strawinskys Serenade, "Feuervogel" und "Petruschka". Diese Stücke erinnern an eine Zeit Anfang des 20. Jahrhunderts, in der russische Musiker, Autoren und Künstler mit originellen Kreationen von sich Reden machten. Vieles bündelte sich um Sergej Diaghilew, dem Gründer der Ballets Russes. Er war wichtiger Initiator und Anreger vieler Kompositionen: Diaghilew programmierte die Uraufführung von Skrjabins Klavierkonzert im Rahmen seiner Pariser Konzertreihe. Er beauftragte Strawinskys "Feuervogel". Er lernte 1914 in London den jungen Sergej Prokofjew kennen, als Europa bereits taumelnd am Abgrund des Ersten Weltkriegs stand.
Daniil Trifonov beleuchtet mit der Referenz an das russische Silberne Zeitalter wichtige musikalische Etappen der 1910er und 20er Jahre und die daraus folgenden weitreichenden Entwicklungen. Und er bringt die Klaviermusik der drei russischen Komponisten in ihrer kreativen Eigensprachlichkeit brillant zum Klingen: mal mit saftiger Geste, dann bizarr, blitzblank und ironisch, aber momentweise auch intim und zurückhaltend. Mag sein, dass Trifonov diese vor etwa hundert Jahren geschriebene Musik durch seine Ausbildung besonders vertraut und nahe ist. Sympathisch ist die keineswegs nach reinen Popularitätskriterien getroffene Albumzusammenstellung, einzigartig das pianistische Können. Allein die Aufnahme des Skrjabin-Konzerts hat schon jetzt Referenzcharakter.
Sergej Prokofjew:
Klavierkonzert Nr. 2 g-Moll, op. 16
Sarkasmen, op. 17
Klaviersonate Nr. 8 B-Dur, op. 84
Gavotte aus "Cinderella", op. 95
Alexander Skrjabin:
Klavierkonzert fis-Moll, op. 20
Igor Strawinsky:
Serenade A-Dur für Klavier
"Der Feuervogel"-Suite für Klavier
Drei Sätze aus "Petruschka" für Klavier
Daniil Trifonov (Klavier)
Mariinsky Orchestra
Leitung: Valery Gergiev
Label: Deutsche Grammophon
Sendung: "Piazza" am 14. November 2020 um 08:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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