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Alben der Woche – Friedrich Gulda live und im Studio Dokumente eines genialen Querkopfs

Friedrich Gulda war einer der großen Querköpfe unter den Pianisten des 20. Jahrhunderts, aber auch eines ihrer größten Genies. Immer wieder verweigerte er sich dem Musikbetrieb, den er hasste und zeitlebens lustvoll schmähte. Dass Gulda die Welt an Mozarts Geburtstag verließ, nämlich am 27. Januar 2000, besaß durchaus Symbolkraft: Neben Bach und diversen Jazz-Größen war Wolfgang Amadeus Mozart sein großes Idol und Vorbild. Jetzt sind beim Label SWR Music einige historische Aufnahmen Guldas aus den Archiven des Süddeutschen Rundfunks erschienen.

Bildquelle: SWR Music

Der CD-Tipp zum Anhören

Als Gulda Anfang der fünfziger Jahre den Jazz für sich entdeckte und begann, erfolgreich in Clubs aufzutreten, sah mancher gestrenge Jünger der reinen Klassiklehre die steile Karriere dieses fantastischen jungen Pianisten massiv gefährdet, wenn nicht schon halb ruiniert. Wer sich mit so etwas beschäftige, müsse wohl zwangsläufig das wahre Gefühl für Bach, Mozart oder Beethoven verlieren. Und seinen schon in jungen Jahren legendären, unglaublich differenzierten Anschlag werde sich Gulda ganz bestimmt auch mit seiner Jazz-Leidenschaft ruinieren.

Maßstäbe mit Bach und Beethoven

So kam es allen Unkenrufen zum Trotz nicht. Gulda blieb einer der größten Mozart-Interpreten überhaupt, seine Aufnahmen von Bachs Wohltemperiertem Klavier oder der Beethoven-Sonaten setzen bis heute Maßstäbe. Guldas rhythmische Präzision, die kristalline Klarheit seines Spiels, der Witz und die Fantasie seiner Artikulation, nicht zuletzt eben auch sein unglaublich nuancierter Anschlag sind vielleicht nie übertroffen worden. All dies vermittelt sich fantastisch auch in mancher mehr als fünfzig Jahre alten Aufnahme, ungeachtet ihrer für heutige Ohren nicht unbedingt überragenden Klangqualität.

Kurz und bündig

Diese beiden Alben werden …
… all jene bestätigen, die Friedrich Gulda schon immer für einen der größten Pianisten gehalten haben.

Diese Alben lohnen sich, weil …
… sie u.a. zeigen, wie unglaublich gut schon der ganz junge Gulda gespielt hat.

Diese Alben muss eigentlich …
… jeder Gulda-Fan und jeder Fan von richtig gutem Klavierspiel haben.

Glasklare rhythmische Konturen

CD-Cover: Friedrich Gulda – Two Solo Recitals 1959 | Bildquelle: SWR Music Friedrich Gulda – Two Solo Recitals 1959 | Bildquelle: SWR Music Das Label SWR Music hat jetzt eine fünfteilige Editionsreihe mit insgesamt 16 CDs abgeschlossen. Die letzten beiden Veröffentlichungen stammen aus den fünfziger und sechziger Jahren – Studioaufnahmen und Konzertmitschnitte des damaligen Süddeutschen Rundfunks, die jetzt erstmals auf CD erscheinen. Überwältigend in ihren glasklaren rhythmischen Konturen, ihrer gelegentlich schroffen Kompromisslosigkeit, doch immer wieder auch ihrem unglaublich nuancierten, detailreichen Klangsinn sind vor allem die 24 Préludes op.28 von Frédéric Chopin. Im April 1953 produzierte der 23-jährige Gulda sie an einem Tag für den SDR, eine Aufnahme wie im Rausch. Zu einer Zeit, als Chopin so manchem noch als eher verzärtelter Salonmusiker galt, war diese Interpretation revolutionär.

Eine Fundgrube

Beethovens Diabelli-Variationen im Studio, drei Beethoven-Sonaten in Live-Mitschnitten, Bach, Haydn, Mozart, aber auch Debussy und eine faszinierende Deutung von Ravels "Gaspard de la nuit", live gespielt in einem Konzert im Januar 1959: Die insgesamt fünf CDs dieser letzten beiden Gulda-Veröffentlichungen von SWR Music sind eine Fundgrube – für alle Gulda-Fans und auch für die, die es noch werden wollen.

Infos zu den CDs

1) Friedrich Gulda – Two Solo Recitals
Werke von Mozart, Beethoven, Debussy, Ravel, Bach und Haydn
(3 CDs)

2) Friedrich Gulda – The Stuttgart Studio Recordings 1953 & 1968
Frédéric Chopin: Préludes Nr. 1-24
Ludwig van Beethoven: Diabelli-Variationen op. 120; Variationen c-moll WoO 80
(2 CDs)

Friedrich Gulda (Klavier)

Label: SWR Music

Sendung: "Piazza" am 03. April 2021 um 08:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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