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Album der Woche – Giovanni Antonini dirigiert Haydn-Zyklus – "Gli Impresari"

Es ist ein ambitioniertes CD-Projekt: Bis 2032 will Giovanni Antonini alle 107 Symphonien von Joseph Haydn neu einspielen - also bis zum 300. Geburtstag des Komponisten. Die Herkulesaufgabe teilt sich Antonini zwischen seinem Originalklang-Ensemble Il Giardino Armonico und dem Kammerorchester Basel auf, wo er Erster Gastdirigent ist. Bei seiner Haydn-Expedition geht Antonini nicht chronologisch vor, sondern thematisch – und er schlägt einen Bogen zu Haydns Zeitgenossen. Folge 7 kommt aus Basel.

Bildquelle: Alpha

Das Album der Woche zum Anhören

"Gli Impresari": So lautet das Motto der CD. Gemeint sind die Impresarios reisender Theatertruppen, die auch an den Höfen der Fürsten Esterházy gastierten. Für seine ungarischen Auftraggeber hatte Joseph Haydn auch Schauspielmusik zu zeitgenössischen Theaterstücken zu liefern. Doch die Musiknummern funktionierten nicht nur im Theaterkontext, sondern entwickelten ein symphonisches Eigenleben – eine geniale Zweitverwertung Haydns.

Sturm und Drang pur

Antonini schwelgt mit dem Basler Kammerorchester in den Klangfarben der historischen Instrumente und kitzelt auf Darmsaiten Haydns Folklore-Einflüsse heraus. In der F-Dur-Symphonie Nummer 67 klingt das Trio im altertümlichen Menuett wie ein Leierkasten. Auch in der A-Dur-Symphonie Nummer 65 wird ganz theatralisch zur Jagd geblasen. Das Schmettern der Naturhörner macht beim Hören besonderen Spaß, weil sie die Basler Musiker so virtuos bedienen. Das ist Sturm und Drang pur, pralle Theatermusik, bei der man sofort die fürstliche Jagdgesellschaft mit ihren Windhunden vor Augen hat.

Kurz und bündig

Dieses Album wird lieben, wer …
… Wiener Klassik am liebsten im knackigen Sound historischer Instrumente erlebt.

Dieses Album muss man haben, weil …
… es eines Tages, genauer: im Haydn-Jahr 2032, Teil einer kompletten Neueinspielung aller 107 Symphonien wird.

Dieses Album hört man am besten …
… wenn man schlechte Laune hat.

Rhythmische Hakenschläge

Antonini spürt dem Theaterinstinkt Haydns mit Spielwitz und Lust an Überraschungseffekten nach. Haydns Originalität verblüfft etwa im Menuett der A-Dur-Symphonie, wo er den traditionellen Dreiertakt plötzlich zum Vierer verschiebt. Solche rhythmischen Hakenschläge sind typisch für Haydns Humor.

Mozart als perfekte Ergänzung

Den drei Dur-Symphonien Haydns, die aus theaterpraktischen Anlässen entstanden sind, stellt Antonini Mozarts Zwischenaktmusik zum heroischen Drama "Thamos, König in Ägypten" gegenüber. Eine perfekte Ergänzung, hat der junge Mozart doch das Erbe des väterlichen Freundes weiterentwickelt. In seiner Bühnenmusik schlägt Mozart heftige Töne an: Lodernde c-Moll-Tragik untermalt das dramatische Geschehen.

Lebendig und inspiriert

Auch die siebte Folge von Antoninis Haydn-Projekt eröffnet also wieder spannende Perspektiven. Und musikalisch beredt umgesetzt ist das sowieso alles bei Antonini: Die Akzente sitzen, die Rhythmen tanzen, die Kontraste zünden, die Farben leuchten, die Melodien schweben. Lebendiger und inspirierter kann die Wiener Klassik kaum klingen.

Antonini dirigiert Haydn – "Gli Impresari"

Joseph Haydn:
Symphonien C-Dur Hob. I:9, A-Dur Hob. I:65 und F-Dur Hob. I:67

Wolfgang Amadeus Mozart:
Zwischenaktmusik zum heroischen Drama "Thamos, König in Ägypten” KV 345 / 336a

Kammerorchester Basel
Leitung: Giovanni Antonini

Label: Alpha

Sendung: "Piazza" am 27. April 2019, 08:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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