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Der polnische Pianist Rafał Blechacz ist 33 Jahre alt. 2005 gewann er als zweiter Pole überhaupt den Internationalen Chopin-Wettbewerb. Das hatte vor ihm nur Krystian Zimerman geschafft, dreißig Jahre früher. Nicht überraschend, dass sich nach diesem Erfolg gleich die Deutsche Grammophon für Blechacz interessierte: Inzwischen liegt rund ein halbes Dutzend Alben vor, meist Soloalben. Was bislang komplett fehlte, war Kammermusik. Doch diese Lücke hat Blechacz jetzt gefüllt – mit Violinsonaten von Faurè, Debussy und Szymanowski.

Seine musikalische Herzensdame, die koreanische Geigerin Bomsori Kim, hat Blechacz sorgfältig ausgewählt – wenig überraschend für diesen skrupulösen Musiker. Wer die beiden mit ihrem polnisch-französischen Programm – Violinsonaten von Fauré, Debussy und Szymanowski – hört, wird ihm spontan Recht geben: Da passt wirklich alles. Künstlerische Ernsthaftigkeit, Musikalität, ein hochexpressiver Zugriff, fließende melodische Linien: Bei aller Lebendigkeit klingt es, als würden die beiden schon seit langem gemeinsam musizieren.

Lohnender Szymanowski

Eine Lanze für seinen polnischen Landsmann Karol Szymanowski, und zwar den ganz jungen Szymanowski, hat der Pianist Rafał Blechacz schon einmal gebrochen. Sieben Jahren ist es her, dass Blechacz auf einem Album die Musik Claude Debussys mit Szymanowskis früher Klaviersonate op. 8 kombinierte, ein selten gespieltes Werk, das der gerade 22-jährige Student Ende 1904 vollendete. Nun legt Blechacz nach, mit der praktisch zur selben Zeit entstandenen Violinsonate in d-Moll op. 9. Das Stück war sein ausdrücklicher Wunsch, die koreanische Geigerin Bomsori Kim studierte die Sonate auf Anregung ihres Kammermusikpartners eigens für das erste gemeinsame Album ein. Das, soviel wird gleich beim ersten Hören klar, hat sich gelohnt.

Hochemotionales Jugendwerk

Natürlich ist in der spätromantischen Sonate noch nicht allzu viel vom späteren Szymanowski, vor allem von seiner seiner charakteristischen Harmonik zu hören. Und doch ist das hochemotionale Jugendwerk ein echter Wurf, Blechacz liebt es nicht ohne Grund. Und die beiden Musiker spielen es hinreißend, wie das Album überhaupt zeigt, dass die offenbar sehr skrupulöse Partnerwahl dieses fantastischen Pianisten eine goldrichtige war.

Die Chemie stimmt

Bomsori Kim war bei einigen Wettbewerben erfolgreich, seit sie 2013 mit 23 Jahren beim Internationalen ARD-Musikwettbewerb den zweiten Preis gewann. Beim letzten Wieniawski-Wettbewerb, den Blechacz aufmerksam verfolgte, war Kim früh seine Favoritin. Und auch, wenn sie letztlich "nur" zweite wurde, schrieb er ihr per E-Mail, er würde gerne Kammermusik mit ihr machen, ein Angebot, das niemand ausschlagen würde. Die musikalische Chemie stimmt offensichtlich, nicht nur bei Szymanowski, auch in Gabriel Faurés erster wie in Claude Debussys einziger Violinsonate. Beides sind Wunschstücke Bomsori Kims, bestätigen aber gleichzeitig das Gespür für französischen Musik, das Rafał Blechacz seinerzeit mit seinem wunderbaren Debussy-Album bewies.

Analytisch klar

Fauré schuf ein wegweisendes Meisterwerk, Debussy tat es ohnehin, Bomsori Kim und Rafał Blechacz rufen es mit ihren analytisch klaren, aber ebenso mitreißend emotionalen Interpretationen nachdrücklich in Erinnerung. Das erste, sehr gelungene Kammermusikalbum der beiden. Hoffentlich nicht das letzte.

Sendung: "Piazza" am 02. Februar 2019, 08.05 Uhr auf BR-KLASSIK