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Album der Woche – Mariss Jansons dirigiert Schostakowitsch: Symphonie Nr. 10

Der Tod von Mariss Jansons bewegt die Klassikwelt, für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von BR-KLASSIK war die traurige Nachricht ein Schock, auch für Oswald Beaujean, der Jansons Karriere seit Jahrzehnten verfolgt hat. An einen Satz des großen Dirigenten erinnert er sich bis heute: "Wir machen alle zu viel, wir müssen alle weniger machen." Jansons hat sich nicht an diese Einsicht gehalten, hat sich im Dienst der Musik bis zuletzt mit eiserner Disziplin alles abverlangt. Doch auch dies gehörte zu seinem Wesen und seinen Überzeugungen, machte ihn und auch seine Interpretationen aus.

Bildquelle: BR-KLASSIK

Das Album der Woche zum Anhören

Für Mariss Jansons war Dmitrij Schostakowitsch – neben Beethoven – der vielleicht wichtigste Komponist überhaupt, ungeachtet seiner Liebe zu Haydn und Mozart. Dem Werk, auch der Person des großen russischen Komponisten ist Jansons schon in jungen Jahren in Leningrad begegnet. Vater Arvids, selbst ein bedeutender Dirigent, und Jewgenij Mrawinskij, legendärer Schostakowitsch-Interpret und Uraufführungsdirigent vieler seiner Symphonien, prägten den jungen Mariss entscheidend.

Einer der ganz großen Schostakowitsch-Interpreten

Die großartige Gesamteinspielung aller fünfzehn Schostakowitsch-Symphonien mit acht internationalen Spitzenorchestern, die Jansons 2006 vollendete, war ihm ein Herzensanliegen. Chor und Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, die er damals seit drei Jahren leitete, waren mit sechs Symphonien beteiligt. Die Zehnte war nicht dabei, ebenso wenig wie die berühmte Siebte, die sogenannte "Leningrader". Beide sind unlängst, nicht lange vor Jansons' Tod in der Nacht zum 1. Dezember, nun doch noch mit seinem Orchester, dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks auf CD veröffentlicht worden. Denn zu den zentralen Werken von Schostakowitsch kehrte Jansons immer wieder zurück, zur zehnten noch wenige Monate vor seinem Tod – und 2010 schon einmal in München. Der Mitschnitt dieses Konzertes im Münchner Herkulessaal ist jetzt erschienen. Und er zeigt einmal mehr, dass Mariss Jansons zu den ganz großen Schostakowitsch-Interpreten seiner Zeit gehörte.

Kurz und bündig

Dieses Album wird jeder lieben, der ...
...Schostakowitsch für einen der größten Symphoniker des 20. Jahrhunderts hält.

Dieses Album muss man haben, weil ...
... es zum bleibenden Vermächtnis von Mariss Jansons gehört.

Dieses Album lohnt sich, weil ...
... es einen der ganz großen Dirigenten der letzten Jahrzehnte mit einem der für ihn wichtigsten Komponisten überhaupt präsentiert.

Untrügliches Gespür für Tempi und Proportionen

Diese Aufnahme der Zehnten von Schostakowitsch wird ein Teil seines künstlerischen Erbes sein. Denn anhand dieser Symphonie, die zu den bedeutendsten von Schostakowitsch und vielleicht des gesamten zwanzigsten Jahrhunderts gehört, offenbart sich der ganze Mariss Jansons, zeigt sich sein untrügliches Gespür für Tempi und Proportionen, für symphonische Verläufe und Klangbalance, seine unerbittliche Genauigkeit und künstlerische Kompromisslosigkeit sowie – ja, auch dies! – seine moralische Integrität und Autorität. Diese Zehnte, kurz nach Stalins Tod komponiert, ist das Porträt einer grausamen Diktatur, die Jansons persönlich erlebt hat. Er wusste sehr genau, wovon diese Musik erzählt, wovon er als ihr Interpret also redete. Das verleitete ihn nicht zu grellen Effekten, zu lärmenden Zuspitzungen oder überzogenem Pathos, was bei diesem Werk durchaus möglich wäre.

Zeitlose Gültigkeit

Wenn man so will, verlieh Mariss Jansons Schostakowitsch mit seinen Deutungen eine zeitenthobene und zeitlose Gültigkeit – ungeachtet aller bohrenden Intensität, trotz gnadenlosen Klangschärfungen, trotz der existentialistischen Dimension, die diese Musik aufreißt. Eben dies wird die Schostakowitsch-Einspielungen dieses großen Dirigenten zum bleibenden Vermächtnis machen.

Mariss Jansons dirigiert Schostakowitsch

Dmitrij Schostakowitsch:
Symphonie Nr. 10 e-Moll, op. 93

Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks
Leitung: Mariss Jansons

Label: BR-KLASSIK

Sendung: "Piazza" am 07. Dezember 2019, 08:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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