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Album der Woche – Sarah Christian spielt Tschaikowsky Violinkonzert & Souvenir de Florence

Ganz schön mutig, in Corona-Zeiten ein Album mit dem Violinkonzert von Peter Tschaikowsky einzuspielen, einem Dauerbrenner des Repertoires. Zusammen mit der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen unter dem Originalklang-erfahrenen Jérémie Rhorer entwirft Sarah Christian ein Gegenmodell zur traditionellen Supervirtuosen-Show. Ohne Vollfettstufe und Effekthascherei verzaubert sie mit Natürlichkeit, Energie und Klarheit. Und in Tschaikowskys Streichsextett "Souvenir de Florence" sind mit Sarah Christian & Friends sechs Musikbesessene am Werk – das ist nicht zu toppen!

Bildquelle: Berlin Classics

Album der Woche – Sarah Christian spielt Tschaikowsky

Violinkonzert & Souvenir de Florence

Wann hat man den Soloeinstieg in Tschaikowskys Violinkonzert je so schlank und zärtlich gehört wie bei Sarah Christian? Ganz ohne falsche Schluchzer und Drücker bezaubert die Geigerin durch ihre Natürlichkeit. Sarah Christian spielt den Solopart so organisch und frei, als könne es gar nicht anders sein. Dabei bleibt sie der atemberaubenden Virtuosität Tschaikowskys nichts schuldig.

Waches und flexibles Spiel

An dieser durchhörbaren Tschaikowsky-Interpretation hat natürlich auch die kleiner besetzte Deutsche Kammerphilharmonie Bremen ihren Anteil. Dirigent Jérémie Rhorer bestärkt die feine Truppe in ihrem wachen und flexiblen Spiel, sorgt für klare Strukturen und energischen Drive. Mit ihrem unsentimentalen Zugang strafen Sarah Christian und ihre Mitstreiter das Vorurteil des Brahms-Freundes Eduard Hanslick Lügen, der bei diesem angeblich trivialen Stück die Musik "stinken" hörte.

Eine echte Alternative

Tschaikowskys Violinkonzert ist ein tendenziell zu Tode gerittenes Stück, weil die Stars hier gern auf Vollfettstufe und Tempo-Rekorde setzen. Sarah Christian aber zieht keine Virtuosenshow ab und verzichtet auf jegliche Effekthascherei. Mit ihrer Interpretation bietet sie eine echte Alternative: tiefe Empfindung in der Canzonetta, federnde Energie im Finale.

Kurz und bündig

Dieses Album wird lieben, wem …
… Tschaikowskys Violinkonzert zu den Ohren heraushängt.

Dieses Album lohnt sich, weil …
… Sarah Christian zu dem Repertoire-Hit einen schlankeren, ehrlicheren Zugang als üblich gefunden hat.

Dieses Album hat gefehlt, weil …
… Tschaikowskys Streichsextett "Souvenir de Florence" hier mit einer kaum zu toppenden Homogenität und Brillanz musiziert wird.

Dieses Album ist ein Hörgenuss, weil …
… die Klangqualität auch Audio-Freaks begeistern wird.

Dieses Album hört man am besten, wenn …
… man sich auf höchstem Niveau unterhalten lassen will.

Ein kleines Wunder

Das Highlight des Albums ist Tschaikowskys Streichsextett "Souvenir de Florence", zu dem ihn ein Florenz-Besuch 1890 inspiriert hatte. Das folkloristische Stück klingt allerdings eher russisch als italienisch. Im Adagio cantabile gelingt Sarah Christian und ihren Kollegen mit dem klaren, reinen Klang von sechs Streichinstrumenten ein kleines Wunder: Da bekommt man Gänsehaut. Ohne klebrige Süße erklingen Tschaikowskys unwiderstehliche Melodien hier. Und im Scherzo lassen Sarah Christian und Co. die Bögen über die Saiten springen, dass man zum Mitwippen anfängt.

Perfekt im Zusammenspiel

Da sind sechs Musikbesessene am Werk. Sarah Christian hat für das Tschaikowsky-Sextett fünf Weggefährten um sich geschart, darunter so fantastische Musiker wie den Bratschisten Wen-Xiao Zheng und den Cellisten Maximilian Hornung. Das Ergebnis ist schlicht umwerfend: perfekt im Zusammenspiel, blitzsauber und klanglich unglaublich homogen. Das ist Kammermusik vom Feinsten, eine echte Sternstunde!

Infos zur CD

Peter Tschaikowsky:
Violinkonzert D-Dur op. 35
Streichsextett "Souvenir de Florence" d-Moll op. 70

Sarah Christian (Violine)
Deutsche Kammerphilharmonie Bremen
Leitung: Jérémie Rhorer

Johannes Strake (Violine, op. 70)
Wen Xiao Zheng, Jano Lisboa (Viola)
Maximilian Hornung, Jan-Erik Gustafsson (Violoncello)

Label: Berlin Classics

Sendung: "Piazza" am 6. Juni 2021 ab 8:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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