Der Barockkomponist Alessandro Scarlatti gilt als großer Neuerer. Der Komponist und Kapellmeister entwickelte die Oper weiter und schuf die Vorläufer von Streichquartett und klassischer Symphonie. Doch gespielt wird er kaum noch. Marcello di Lisa und seine musikalischen Kavaliere wollen das ändern.
Bildquelle: Deutsche Harmonia Mundi
Der CD-Tipp zum Nachhören
Musices instaurator maximus - Größter Erneuerer der Musik. Diesen Superlativ ließ der kunstsinnige Kardinal Pietro Ottoboni 1725 auf den Grabstein von Alessandro Scarlatti meißeln. Und das war keine posthume Schmeichelei, bloß weil der Opernkomponist sechs Libretti des Kardinals in Töne gesetzt hatte. Alessandro Scarlatti war nicht nur immens fleißig - 117 Opern, 200 Messen und 800 Kantaten will er nach eigenen Angaben komponiert haben - sondern er war auch ziemlich innovativ.
Als Star und Dominator der neapolitanischen Oper führte Scarlatti die Da-capo-Arie und das von Streichern begleitete Accompagnato-Rezitativ ein. Die von ihm umgestaltete neue Form der Ouvertüre wurde der Vorläufer der klassischen Sinfonie. Und mit seinen vierstimmigen Sonaten schuf er eine Vorform des Streichquartetts. Scarlatti war sicher nicht der größte, aber ganz bestimmt ein eindrucksvoller Neuerer der Musik.
Umso erstaunlicher ist es, dass dieser bedeutende Barockkomponist, von dem sich zahlreiche Werke erhalten haben, heute kaum noch gespielt wird. Es gibt auch nicht allzu viele Tonaufnahmen mit seiner Musik. Angetreten, um das zu ändern, ist der in Rom lebende Musiker, Komponist und Dirigent Marcello Di Lisa. Mit dem von ihm gegründeten Originalklangensemble Concerto de' Cavalieri hat er bereits die vierte Scarlatti-CD eingespielt - und zwar mustergültig.
Dieses Mal hat sich Marcello Di Lisa mit Scarlattis Instrumentalmusik beschäftigt. Seine musikalischen Kavaliere interpretieren die kurzen und eleganten Sechs Konzerte in sieben Teilen für zwei Violinen und obligatem Violoncello, die erst 15 Jahre nach Scarlattis Tod in London herauskamen. Und dazu haben sie fünf ebenso konzentrierte Opernouvertüren aufgenommen. Sinfonie avanti l'opera nannte Scarlatti diese dreisätzigen Ouvertüren, die immer aus zwei schnellen Ecksätzen und einem langsamen Mittelsatz bestanden und schon bald Standard für alle italienischen Opernkomponisten wurden. Sowohl die Konzerte als auch die Ouvertüren bestechen durch rhythmische Energie und melodische Einfälle und werden vom Concerto de' Cavalieri einfühlsam und lebendig interpretiert. Als nächstes wünscht man sich von Marcello Di Lisa und seinem Ensemble die Aufnahme einer kompletten Scarlatti-Oper. Da gibt es noch dutzendweise Schätze des großen Erneuerers zu heben.
Concerto de‘ Cavalieri
Leitung: Marcello Di Lisa
Label: Deutsche Harmonia Mundi