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CD - Alfredo Casella Orchestermusik

Gianandrea Noseda, 1964 in Mailand geboren, ist einer der profiliertesten Dirigenten Italiens – und auf dem Plattenmarkt einer der produktivsten. Bis 2011 war er für ein Jahrzehnt Chefdirigent beim BBC Philharmonic. Auch als Ehrendirigent setzt er mit den Musikern in Manchester seine rege Aufnahmetätigkeit für das Label Chandos fort. Seine verdienstvolle Reihe "Musica Italiana" mit Komponisten wie Respighi, Dallapiccola, Petrassi oder Castiglioni erweitert Noseda derzeit um einen Zyklus mit Orchesterwerken von Alfredo Casella.

Alfredo Casella: Symphonie Nr. 1 | Bildquelle: CHANDOS

Bildquelle: CHANDOS

CD Tipp 16.02.2016

Der CD-Tipp zum Nachhören!

Gianandrea Noseda hat genau das richtige Gespür für die farbig instrumentierte und harmonisch schillernde Musik dieses Komponisten. Mit Eleganz und Verve formt er leichtfüßige Klanggesten, wie geschaffen fürs tänzerische Divertissement.

Stilistisches Chamäleon

Vielleicht dachte der italienische Komponist Alfredo Casella an seine Anfänge als Wunderkind, als er 1912 den kessen "Reigen der Kinder" für seine Ballett-Komödie "Das Kloster am Wasser" schrieb. Da studierte er längst bei Fauré in Paris – und blieb für zwanzig Jahre in der inspirierenden Metropole. Als der Impresario Sergej Diaghilew die Partitur für seine Ballets Russes ablehnte, "rettete" Casella die Highlights daraus in eine symphonische Suite. Darin zeigt sich Casella als stilistisches Chamäleon, das sich unverhohlen bei anderen Kollegen bediente, etwa bei seinem Studienfreund Ravel.

Reflektiertes Grauen

1915 kehrt Casella in seine Heimat zurück und wird in Rom Klavierprofessor. Da greift der Erste Weltkrieg nach Italien über – und lässt Casella nicht unberührt. Auch unter dem Eindruck von Strawinskys "Sacre" ändert sich seine Tonsprache schlagartig, wird herber, dissonanter, dringlicher. Bestes Beispiel dafür ist die hochexpressive "Elegia eroica", in der Casella – gänzlich unheroisch – das Grauen reflektiert.

BBC Philharmonic prägnant und differenziert

Packend setzt Gianandrea Noseda Casellas Kriegs-Triptychon in Szene. Das BBC Philharmonic folgt ihm prägnant und differenziert – auf die englischen Toporchester ist eben Verlass. Gleiches Engagement widmen sie auch dem symphonischen Erstling Casellas, der zehn Jahre früher entstand. Diese aparte h-Moll-Symphonie ist ein stilistisches Unikum, das – der Pariser Russen-Mode folgend – zunächst wie ein Stück von Mussorgskij klingt.

Anklänge an Mahler, Wagner und Strauss

Darauf folgt ein Mahler-nahes Adagio – und im Finale haben dann Wagner und Strauss ihren Auftritt. Nosedas neues Casella-Album ist ein leidenschaftliches Plädoyer für einen jungen Komponisten auf der Suche und dokumentiert eine Spielart der frühen italienischen Moderne. Sympathischerweise beschließt Casella seine Erste Symphonie, anders als es sein effektbewusster Zeitgenosse Respighi getan hätte, mit einem zarten H-Dur-Nachklang à la "Parsifal" …

Alfredo Casella: Orchesterwerke

Symphonische Fragmente aus "Le Couvent sur l'eau" op. 19
Elegia eroica, op. 29
Symphonie Nr. 1

Gillian Keith, Sopran
BBC Philharmonic
Leitung: Gianandrea Noseda
Label: Chandos

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