Amanda Maier war eine sehr erfolgreiche Geigerin, die 1880 den Komponisten Julius Röntgen heiratete, mit dem sie in Amsterdam lebte. Aber schon mit 41 starb sie an Tuberkulose, ihre zu Lebzeiten nie öffentlich gespielten Werke wurden innerhalb der Familie weitergegeben und lagerten – und lagerten. Eine Stockholmer Ausstellung in den 1990er brachte die Aufarbeitung langsam ins Rollen, die jetzt mit der Gesamteinspielung beim schwedischen label db-productions einen vorläufigen Höhepunkt erreicht.
Bildquelle: dB-productions
Der CD-Tipp zum Anhören
Nachdem Amanda Maier ihr Diplom an der Königlichen Musikakademie Stockholm in der Tasche hat, als erste Frau in der Geschichte, reist sie für weitere Studien nach Leipzig. 20 Jahre jung, voller Neugier, selbstbewusst und unbeschwert – in einem Guss entsteht das Klaviertrio: klassisch in der Themenfindung, aber in keinem Takt technisch-akademisch, sondern lebendig, ineinander übergehend, wunderbar fein und klug gesponnen zwischen den drei Instrumenten; ein echter Wurf!
Eine leicht melancholische Grundstimmung, subtiles Hinterfragen, kraftstrotzende Ausbrüche: Diese Musik atmet wunderbar den Geist der Spätromantik. Und es spricht für das Talent von Amanda Maier, aus dieser Klangwelt heraus etwas Eigenständiges zu schaffen – eine Handschrift, die im Streichquartett ein paar Jahre später noch deutlicher hervortritt.
Zwischen die beiden kammermusikalischen Hauptwerke auf dieser CD setzt das schwedische Label einige der frühen Préludes – und das ist gut so. Miniaturen der 17-jährigen Studentin sind das, meist unter einer Minute und von seltener Anmut. Wie ein Gedanke, der kurz aufflackert und dann wieder davonschwebt.
Bengt Forsberg hat in diesem Jahr bereits die gemeinsam komponierten Werke von Röntgen und Maier herausgebracht. Auf dieser CD nun, wieder ausschließlich mit Weltersteinspielungen, beweist er noch einmal ein sensibles Gespür vor allem für die feinen Schattierungen, spielt auch die eher schlicht anmutende Musik mit der genau richtigen Ernsthaftigkeit, ohne steif zu klingen.
Dazu hat Forsberg Interpreten mit ins Boot geholt, die seine Begeisterung teilen. Diese Reise ist so farbenreich und kurzweilig, dass man sich auch die anderen bereits erschienenen CDs anhören dürfte. Der Schatz ist gehoben – hoffentlich wird er auch gepflegt.
Amanda Maier:
Klaviertrio Es-Dur
Streichquartett A-Dur
St. Nicholas-Schwank
Klavierstück
Preludes
Cecilia Zillacus (Violine)
Kati Kaitinen (Cello)
Bengt Forsberg (Klavier)
Julia-Maria Kretz (Violine)
Johanna Persson (Viola)
David Huang (Klavier)
Label: dB-productions
Sendung: "Leporello" am 15. Oktober 2018, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK
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