BR-KLASSIK

Bildquelle: Sony

Der CD-Tipp zum Nachhören!

Ein seltsames Geschlecht, diese Habsburger. Über Jahrhunderte hinweg gestalteten die Männer und Frauen mit der wulstigen Unterlippe die Geschichte Europas. Klug waren sie, reich ohne Ende, weltoffen, verfeinert. Stur waren sie, fanatisch religiös, humorlos, konservative Knochen. Lag es an dieser ambivalenten Melange, dass die Habsburger zwar viel Großes initiierten, selten nur aber ganz Großes? Obwohl sie etwa für die Musik so viel Geld ausgaben: Die wirklichen Genies gingen als gefeierter Opern-Komponist nach London, wurden schräger Priester in Venedig oder arbeiteten sich als Leipziger Kantor an der Dumpfbäckigkeit ihrer städtischen Dienstherren ab. Das glanzvolle Wien hingegen holte sich Leute, nun, aus der zweiten Liga.

Elf beste Stücke

Also: Antonio Caldara, geboren 1671 wahrscheinlich in Venedig, gestorben 1736 in Wien, von 1716 bis zu seinem Tod Vizekapellmeister Kaiser Karls VI., ist kein Händel. Aber in seinen besten Stücken ist Caldara ein überaus ausgezeichneter Caldara. Und der rumänische Countertenor Valer Sabadus und das Ensemble Nuovo Aspetto haben aus Caldaras riesigem Oeuvre, seinen Opern, Kantaten, Oratorien, instinktsicher elf beste Stücke ausgewählt, zwei Drittel davon Weltersteinspielungen.

Verführerisches Hackbrett

Was also Caldaras Musik an allerletzter emotionaler Tiefe fehlen mag, das macht sie durch klangliches Raffinement wieder wett. Am Wiener Hof war man vernarrt in bestimmte Solo-Instrumente: Das dunkel flötende Chalumeau. Die noble Gambe. Und, die eigentliche Entdeckung dieser CD: Das Hackbrett. Wie es hier mit zarter Melancholie verführerisch die Seelen-Räume durchglitzert - einfach köstlich. Elisabeth Seitz ist damit künstlerisch ebenbürtige Partnerin eines Valer Sabadus in Bestform.

Wie ein Schmetterling

Kann man das, so scheinbar mühelos in die Höhe flattern? Die Koloraturen durchmessen wie ein Schmetterling? So strahlend singen und zugleich warm, so lyrisch zart und doch voller Spannung? Sabadus kann, und man erliegt mit Freuden seiner emotionalen Kraft. Die Musiker von Nuovo Aspetto tupfen an allen Instrumenten erlesene Klangfarben dazu. Habsburger hin, Caldara her, "Solitäre im kaiserlichen Musikschatz" verspricht die Überschrift des CD-Booklets - und hält Wort. Geheimnisvolle Edelsteine.