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Ann Hallenberg singt "Arias for Luigi Marchesi"

Er hat einfach nein gesagt, als Napoleon ihn gebeten hat, für ihn zu singen. Eine Frechheit, schließlich hatte Napoleon - der große Napoleon - gerade Mailand eingenommen, doch der Kastrat Luigi Marchesi, einer der berühmtesten Sänger Ende des 18. Jahrhunderts, weigerte sich dessen Sieg auch noch zu besingen.

Bildquelle: Glossa

CD-Tipp 30.09.2015

Der CD-Tipp zum Nachhören!

Dieses Nein ging in die Geschichte ein, so unerhört war es und ist nur eine der Geschichten, die es über Luigi Marchesi gibt. Geblieben sind aber nicht nur die Anekdoten über den Kastraten, geblieben sind auch die Arien, mit denen er in ganz Europa geglänzt hat. Einige davon hat Ann Hallenberg zusammen mit dem Ensemble Stile Galante unter der Leitung von Stefano Aresi auf CD herausgebracht.
Luigi Marchesi, dessen Karriere 1765 als Sängerknabe im Mailänder Dom  begonnen und 1805 in der Scala geendet hat, ist nach Farinelli einer der letzten großen Kastraten, ehe die Kunst dieser Sänger nicht mehr gefragt war und Anfang des 19. Jahrhunderts die Sopranistinnen ihre Partien übernahmen. Wer sich mit der Musik vom Ende des 18. Jahrhunderts und vor allen Dingen mit der Verzierungskunst der Kastraten aus dieser Zeit beschäftigen will, der sollte sich diese CD anhören, denn glücklicherweise gibt es von den Arien, die Marchesi damals gesungen hat, Noten-Fassungen mit seinen  Verzierungen und Kadenzen. Ein Schatz, den der Musikwissenschaftler und Gründer des Ensembles Stile Galante, Stefano Aresi, jetzt auf CD herausgebracht  hat. Er ist ein Kenner der Musik des 18. Jahrhunderts, hat schon Musik von Porpora, Vinci und Jommelli veröffentlicht. Jetzt geht er einen Schritt weiter in der Musikgeschichte und hat Arien aus Opern von Komponisten wie Cherubini, Myslivecek, Pugnani oder Zingarelli herausgesucht.

Glasklar, leichtfüßig und grazil

Die schwedische Mezzosopranistin Ann Hallenberg singt diese Arien, als wäre es das Einfachste auf der Welt. Dabei sind diese Koloraturen höchst anspruchsvoll, aber egal in welchem Tempo sie die Verzierungen und Kadenzen singt: jede Note sitzt, jede Note klingt glasklar, jede Koloratur perlt leichtfüßig, grazil und jeden noch so großen Sprung innerhalb dieser aberwitzigen Koloraturketten nimmt sie so selbstverständlich wie einen Schluck Kaffee. Wer diese Musik so brillant darbieten kann, vollbringt akrobatische Stimmband-Höchstleistungen auf allerhöchstem Niveau.

Keine bloße Virtuosität

Die Sängerin beherrscht aber nicht nur diese anspruchsvollen Koloraturen, auch der Affekt der Arie ist für sie wichtig: Mit Hingabe verzweifelt sie, ist voller Hoffnung oder Stolz. Dieses sich Hineinversetzen in die Situation der Figur ist unerlässlich, damit die Arien nicht auf ein bloßes Zur-Schau-Stellen der Koloraturen oder der eigenen Gesangstechnik reduziert werden, denn auch die musikalische Tiefe der Arien soll zum Ausdruck kommen. Dabei hilft Ann Hallenberg das von Stefano Aresi geleitete Ensemble Stile Galante enorm, denn sie tragen die Sängerin auf Händen, spielen sprechend und farbig und unterstützen sie genussvoll. In dieser Form kann Ann Hallenberg einem Marchesi locker das Wasser reichen.

"Arias for Luigi Marchesi"

Ann Hallenberg (Mezzosopran)
Stile Galante
Ltg: Stefano Aresi
Label: Glossa

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