In den Archiven der Rundfunkanstalten schlummert der ein oder andere Schatz. Der SWR leistet seit ein paar Jahren Pionierarbeit und veröffentlicht eigene Live-Mitschnitte mit zum Teil sehr renommierten Jazz-Künstlern. Ausgewählte Produktionen erscheinen auch auf Vinyl: zuletzt eine Aufnahme mit Art Blakey’s Jazz Messengers.
Bildquelle: Jazzhaus/SWR
CD-Tipp 28.01.2015
Der CD-Tipp zum Nachhören!
Also: Plattenspieler aus dem Keller geholt, und los geht’s: Die Nadel setzt auf, die schwarze, 180 Gramm schwere, glänzende Scheibe dreht sich ruhig, es knistert leise, und James Williams am Klavier setzt mit einer breiten, hymnenartigen Melodie ein, in die dann die Bläser einsteigen. Das sind Glücksmomente für Hifi-Nostalgiker. Und nicht viel später dürfen sich Schlagzeug-Enthusiasten freuen. Denn nach gut zwei Minuten heißt es: Auftritt Art Blakey. Das ist der Mann, der "Thunder" genannt wurde: Donner. Oder "Vulkan". Oder der "Tiger" an den Drums. Ein "Heavy-Hitter" war er, einer, der ordentlich draufhauen konnte auf die Trommeln. Ein polyrhythmischer Innovator, der mit seinen Händen und Füßen beeindruckend unabhängig agieren konnte. Seine physische Präsenz, seine Energie überträgt sich sofort auf den Hörer. Und sie hat sich immer auch auf seine Mitspieler übertragen. Wenn Blakey erstmal losgelegt hatte, dann galt es für die Mitspieler, Gas zu geben.
Über 20 Jahre gibt’s die Messengers zum Zeitpunkt dieses Konzerts in Stuttgart schon. Blakey sorgt immer wieder für frischen Wind in seinem Ensemble, in dem er junge Musiker engagiert. Es ist nicht die prominenteste Besetzung von Blakeys Ensemble, die im Juli 1978 unterwegs ist. In der Band haben schon Musiker wie Horace Silver oder Wayne Shorter gespielt. Jetzt stehen der Trompeter Valery Ponomarev oder der Saxofonist David Schnitter mit auf der Bühne. Diese Namen kennen heute nur noch Insider. Aber: Die Jazzgeschichte wäre eine traurige, wenn sie eine der großen Namen wäre, und nicht eine der großen Momente. Und die bietet die Doppel-LP mit den Aufnahmen aus Untertürkheim reichlich. Egal, ob die Band mal schnell ein Latin-Feuerwerk abrennt wie in der Komposition "Mishima" des Saxofonisten David Schnitter, oder sich stampfend durch den "Jazz Messenger"-Hit "Moanin" groovt. Die Stimmung des Konzerts verdeutlichen Anfeuerungsrufe im Off, hier und da ein "Yeah" oder ein "Come on" vor einem Solo. Und wenn dann einer der Solisten besonders zaubert, wie Trompeter Ponomarev in dem Standard "I remember Clifford", gibt’s als Ausrufezeichen und Zeichen der Anerkennung einen von Art Blakeys legendären Presswirbeln oben drauf. Gut gemacht, Junge, sagt der Chef damit und klar, Markenzeichen muss sein.
Dieser Mitschnitt ist jede Sekunde wert. Nur konsequent, dass jetzt dieses Konzert der "Messengers" auch auf Vinyl erscheint. Das zwanzigminütige "Hawk Man" dauert eine Plattenseite lang. Und wer dieses Stück auflegt, der nimmt sich die Zeit, bis sich die Nadel wieder hebt und hört zu. Eine Art Musik zu genießen, die mit der CD fast ausgestorben wäre. Aber eben nur fast.
Live at Sängerhalle Untertürkheim, July 15, 1978
Art Blakey (Schlagzeug)
Valery Ponomarev (Trompete)
David Schnitter (Tenor-Saxofon)
Bobby Watson (Alt-Saxofon)
James Williams (Klavier)
Dennis Irvin (Bass)
Label: Jazzhaus/SWR