William Christies Aufführungen mit dem von ihm gegründeten Ensemble Les Arts Florissants sind legendär. Auf ihrer neuesten CD präsentieren die Musiker französische Musik vom Hofe des Sonnenkönigs Ludwig XIV.
Bildquelle: harmonia mundi
CD-Tipp 22.04.2016
Der CD-Tipp zum Nachhören!
Eher sterben als sich wandeln. Nie soll ein Herz sich lösen, wenn das andere treu zu seiner Liebe steht.
Erlesen melancholisch und überaus gesittet geht es zu in den leicht gedrechselten Versen, die die Musiker am Hofe Ludwigs XIV. in kunstvolle Airs sérieux, in ernste Arien verwandelten. Da ist viel von Wehmut und Liebesschmerz die Rede, von ewiger Glut und tausend Schwüren ewiger Treue.
„Verzehrt fühl ich mich von einem geheimen Feuer, ohne den Schmerz stillen zu können, der mich beherrscht. Wohl könnte ich davon genesen, hörte ich nur auf, zu lieben. Doch lieb ich mehr den Schmerz als die Arznei." Mit solchen Texten waren die Airs serieux kaum ein getreues Abbild der höfischen Realität. In dieser sehr speziellen Welt begegneten sich Maitressen und Kavaliere bekanntlich nicht immer vollendet sittenstreng. Doch vielleicht steigerte dieser offene Widerspruch ja gerade die Beliebtheit dieser gezirkelten, gleichwohl wunderschönen Musik.
William Christie und sein fantastisches Ensemble "Les Arts Florissants" musizieren diese Airs sérieux ebenso perfekt wie anrührend - bei einer derart artifiziellen Kunst gewiss nicht selbstverständlich. Nach Jahrzehnten hat sich Christie so tief in die französische Musik des 17. Jahrhunderts vergraben, dass er aus jeder Wendung, jedem Harmoniewechsel, jeder Verzierung Funken schlagen kann, eben auch aus den höfischen Airs eines Michel Lambert. Dieser ungekrönte König der Gattung und Maitre der königlichen Kammermusik war ein Meister subtiler Andeutungen und Schattierungen, des klanglichen Raffinements und der preziösen Verfeinerung. In den Boudoirs mochte es handfester zugehen, die Kunst gab sich umso vornehmer. Wenn auch nicht durchgängig. Gelegentlich nahm sich die hohe Dichtkunst sogar selbst auf den Arm.
Was sollen wir sagen? Ich habe keine Ahnung. Pfuschen wir blindlings ein paar miserable Verse zusammen, hinkend, ohne Reim und ohne Sinn. Jeder Lärm ist Melodie.
Solche weniger erlesenen Verse des großen Molière waren Lamberts Sache nicht, wohl aber die seiner Zeitgenossen Marc-Antoine Charpentier und Honoré d‘Ambruys. Die besangen für Ludwig XIV. auch gerne mal einen guten Schluck Wein oder meinten, es reiche nicht, nur davon zu träumen, dass der Frühling die Zeit der Lust und der zärtlichen Liebe sei – man müsse auch Gebrauch davon machen. Am Schluss der wunderbaren CD ist sich Michel Lambert mit den Kollegen einig: "Das ganze Universum folgt der Liebe. Die höchste Wonne junger Herzen heißt lieben, alles andere ist nichts."
Werke von Michel Lambert, Francois Couperin, Joseph Chabanceau de la Barre, Marc-Antoine Charpentier und Honoré d’Ambruys
Les Arts Florissants
Leitung: William Christie
Label: harmonia mundi