Bachs empfindsamer, beinahe nervöser Stil, der eigentlich mehr auf die Romantik als auf die Wiener Klassik hindeutet, ist voller Eruptionen, Affekte und Brüche, mal lyrisch, mal dramatisch, meist alles zusammen. So dynamisch und so voller Überraschungen wie das Pulcinella Orchester hier die 3. Streichersinfonie in C-Dur aus dem Jahr 1773 präsentiert, hat man das Werk noch selten gehört.
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Der CD-Tipp zum Nachhören!
Carl Philipp Emanuel Bach war der leibliche Sohn von Johann Sebastian Bach und der geistige Vater von so bedeutenden Komponisten wie Wolfgang Amadeus Mozart, Joseph Haydn und Ludwig van Beethoven. Und die bekannten sich auch zu ihm, wie dieses Zitat von Haydn bekundet. "Wer mich gründlich kennt, der muss finden, dass ich dem Emanuel Bach sehr vieles verdanke, dass ich ihn verstanden und fleißig studiert habe."
Mozarts Lob für Carl Phillip Emanuel Bach war sogar noch nachdrücklicher. "Er ist der Vater; wir sind die Bub'n. Wer von uns was Rechts kann, hat es von ihm gelernt."
Nun kann man das umfangreiche Werk des erfolgreichen Bach-Sohnes, das mehr als tausend Kompositionen umfasst, auf unterschiedliche Weisen interpretieren. Etwa indem man mehr das barocke Erbe betont, oder indem man stärker den Vorläufer der Wiener Klassik akzentuiert. Die dritte Möglichkeit aber, und die halte ich für die spannendste, ist es Carl Philipp Emanuel als Komponisten des Sturm und Drang aufzufassen. Die französische Cellistin Ophélie Gaillard und das 2005 von ihr gegründete Originalklangensemble Pulcinella gehen genau diesen Weg.
Bachs empfindsamer, beinahe nervöser Stil, der eigentlich mehr auf die Romantik als auf die Wiener Klassik hindeutet, ist voller Eruptionen, Affekte und Brüche, mal lyrisch, mal dramatisch, meist alles zusammen. So dynamisch und so voller Überraschungen wie das Pulcinella Orchester hier die 3. Streichersinfonie in C-Dur aus dem Jahr 1773 präsentiert, hat man das Werk noch selten gehört.
Auch dass Carl Philip Emanuel Bach die musikalischen Formen etwa der Symphonie und der Sonate weiterentwickelt hätte, kann man zwar häufiger lesen, aber nicht auf jeder Aufnahme hören. Hier schon. Die glänzende Ophélie Gaillard, die sich etwa in Bachs D-Dur-Sonate statt einer Gambe für ein Violoncello piccolo entscheidet, was sehr gut der Stimmlage der Gambe entspricht, spielt ihr Instrument lyrisch-singend, nuancenreich im Klang und mit temperamentvollen Ausbrüchen.
Die Musik Carl Philipp Emanuel Bachs erlebt seit seinem 300. Geburtstag vor zwei Jahren ein kleines Revival und ist in zahlreichen Neueinspielungen zu entdecken. Aber diese CD mit Ophélie Gaillard und dem Pulcinella Orchester bereitet schon ein besonderes Vergnügen. Voller Energie, Spielfreude, Präzision, Einfühlungsvermögen und Klangschönheit wird musiziert. Carl Philipp Emanuel Bach erscheint hier als Stürmer und Dränger, als Erweiterer der kompositorischen Möglichkeiten und als womöglich wichtigstes Bindeglied zwischen Barock und Klassik. Ein herausragendes Album.
Ophélie Gaillard (Cello), Pulcinella Orchester
Label: CIC