Das Lutherjahr ist, was CD-Veröffentlichungen rund um das Thema "Luther" angeht, längst in vollem Gange. Von den diversen Neueinspielungen aller Luther-Choräle über einen tanzenden Reformator bis hin zu einem Luther-Musical: Alles scheint erlaubt, ja geboten zu sein im Dienste einer möglichst umfassenden Promotion für die Botschaft des 500. Reformationsjahres. Warum dann nicht auch ein orchestrales Großprojekt mit dem Titel "Lutheran Symphonix: Orchestral Fantasies on Protestant Chorales"? Komponiert hat diese Orchesterfantasien der in Weimar beheimatete Posaunist Christian Sprenger.
Bildquelle: Genuin
CD Tipp 08.11.2016
Christian Sprenger: Lutheran Symphonix
Und eines wird gleich zu Beginn deutlich: Sprenger, Professor an der Weimarer Musikhochschule und musikalisch sozialisiert in protestantischen Bläserchören, wäre der ideale Mann gewesen, um den Soundtrack zum Kinofilm "Luther "zu komponieren. Beherzt langt er von Anfang an in den großen Hollywood-Farbmalkasten - was gar nicht negativ gemeint ist. Dennoch polarisiert es natürlich. Denn diese Art von musikalischem Subjektivismus und programmmusikalischer Konzeption war gerade nicht Luthers Anliegen. Ging es dem Reformator doch vielmehr um volksnahe Schlichtheit und den kollektiven Ausdruck von Gemeinde. Doch diese Gemeinde, so vielleicht der gedankliche Ansatz des Komponisten, ist heute weitaus häufiger in Kino und Konzertsaal anzutreffen als in den Kirchen. Und immerhin gab es da auch einen Komponisten namens Felix Mendelssohn Bartholdy, der sich bereits vermehrt Gedanken machte über eine zeitgemäße Säkularisierung frommer Botschaften.
Dass Blechbläser, insbesondere die Hörner, in diesen Stücken besonders prominent hervortreten, erklärt sich zum einen aus der Herkunft ihres Urhebers, zum anderen aber eben auch aus gewissen Hollywood-Traditionen heraus. Dort wurde auch der textlose Vokalisen-Chor zur wichtigen orchestralen Klangfarbe - besonders im Zeitalter sogenannter "Sandalenfilme". Genau auf diesem Level einer Gefühls-Symphonik agieren Christian Sprengers Choralfantasien - prachtvoll in Szene gesetzt von der Staatskapelle Weimar und dem Kammerchor der Weimarer Franz-Liszt-Musikhochschule. An Stücken wie der Fantasie über "Verleih uns Frieden gnädiglich", bei der überdeutlich die kriegerische Komponente in den Vordergrund gerückt wird, hätte wohl auch John Williams, der Vater der berühmten "Star Wars"-Musiken, seinen Spaß.
Einmal auf der filmsymphonischen Spur, wird man die Kino-Assoziationen kaum mehr los und ertappt sich ständig bei entsprechenden Einordnungen in dieses oder jenes Filmgenre. So auch bei Sprengers symphonischen Gedanken über "Wer nur den lieben Gott lässt walten". Und selbstverständlich darf auf dieser CD mit protestantisch inspirierter Symphonik auch Luthers "Ein feste Burg" nicht fehlen. Ein Schelm, wer dabei an die diversen Hollywood-Fantasyfilme denkt, bei denen vor allem der Soundtrack die Gemüter eint und von einer besseren Welt träumen lässt: das war übrigens auch Martin Luthers Idee.
Orchestrale Fantasien über protestantische Choräle
Staatskapelle Weimar
Leitung: Christian Sprenger
Label: Genuin