Franz Schubert konnte nicht nur Lied, er konnte auch Oper. Seine Zeitgenossen freilich sahen das anders. Und auch die Musikgeschichte ging nicht eben sanft mit den seltenen Ausflügen des Liedkomponisten in die Oper um. In einschlägigen Opernführern kann man da durchaus Urteile wie "misslungen" lesen.
Bildquelle: Deutsche Harmonia Mundi
Der CD-Tipp zum Anhören
Beinahe eineinhalb Jahrhunderte lang vernebelten solch despektierlich-vernichtenden Pauschalurteile den Blick für die Türen, die Schubert doch in seinen Werken für die Nachwelt bis hin zu Wagner weit aufstieß. Allmählich beginnt sich dieses Blatt - wenn auch zaghaft - zu wenden. Sehr gut möglich, dass Daniel Behle zusammen mit dem L’Orfeo Barockorchester unter Michi Gaigg in der Beurteilung des Musikdramatikers Schubert die Seiten- zu einer Zeitenwende beschleunigt.
Auf seiner Reise durch sieben der wohl insgesamt fünfzehn Opern Schuberts lässt Daniel Behle uns mit seinem schlanken, hellen, lyrisch-dramatischen Tenor in ausgewählten Rezitativen und Arien mitsehnen, mitleiden und mitfiebern. Das eine Mal liedhaft-nobel, stürmt er an anderer Stelle ungestüm-heldenhaft durch frühromantisch-heroenhafte Singspiellandschaften.
Sich mit Behles wunderbar leuchtendem und elegant-wendigem Tenor auf diesen Ausflug einzulassen, ist wie eine Reise durch sattes Grün und lichtdurchflutete Sommerfrische. Mit brillanter Textverständlichkeit führt er uns von einer Schubert'schen Miniatur zur nächsten, begeistert den staunend Hörenden für die quellfrische Klarheit der schnörkellosen Gesangspartien. Diesen scheinbar einfachen Melodielinien mit unzählig schattierten Ausdrucks- und Empfindungsfacetten Vitalität bis hin zu dramatischer Erregtheit zu verleihen, ist die große Kunst von Daniel Behle und von einem taufrisch aufspielenden, exzellenten L’Orfeo Barockorchester unter seiner temperamentvoll animierenden Dirigentin Michi Gaigg. Ein wunderbarer Verbund lust-, ja hingebungsvoller Spielfreude! Wenn jemand geeignet ist, Schubert als Opernkomponist überzeugend zu rehabilitieren, dann diese Interpreten!
Arien aus "Die Zauberharfe", "Claudine von Villa Bella", "Die Freunde von Salamanka", "Adrast", "Lazarus", "Alfonso und Estrella", "Fierabras" und "Das Zauberglöckchen"
Ouvertüren zu "Die Zauberharfe" und "Alfonso und Estrella"
Daniel Behle (Tenor)
L'Orfeo Barockorchester
Leitung: Michi Gaigg
Label: Deutsche Harmonia Mundi
Sendung: "Leporello" am 02. Juni 2017, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK