BR-KLASSIK

Er wolle die tonnenschwere Last der Jazzgeschichte in der Schwebe halten, sagte der im französischen Reims und in Berlin lebende, deutsche Tenorsaxophonist und Komponist Daniel Erdmann einmal über eines seiner früheren Programme.

Er wolle die tonnenschwere Last der Jazzgeschichte in der Schwebe halten, sagte der im französischen Reims und in Berlin lebende, deutsche Tenorsaxophonist und Komponist Daniel Erdmann einmal über eines seiner früheren Programme. Nun stellt der 1973 in Wolfsburg geborene Musiker ein Trio vor , mit dem es ihm gelingt, das Luftige und das Erdige auf ganz besonders berührende Weise zu verbinden.

Gesangliche Melodien

Nach seinem Stück "A short moment of zero g" hat er das Album benannt. Im ungewöhnlich besetzten Trio mit dem wahlweise Geige und Bratsche spielenden Franzosen Théo Ceccaldi und dem englischen Vibraphonisten Jim Hart zelebriert er diesen kurzen Moment der Schwerelosigkeit und noch Einiges darüber hinaus. Zum Beispiel: wunderbar gesangliche Melodien.

Innere Freiheit

Es ist stimmungsvoll und auf eine ungemein behutsame Art intensiv, wie die drei Atmosphären und Themen entwickeln, und dabei, sich in fließendem Wechsel umspielend, Vorder- und Hintergründe der Musik ausleuchten. Wie das Trio das Konkrete, die harmonischen Formen und die Rhythmen von Daniel Erdmanns Kompositionen mit dem wirbelnden und losgelösten Ausdruck aus dem Moment heraus kombiniert, klingt nach großer innerer Freiheit und ist Ton für Ton spannend.

Eine ganze Welt verinnerlichter Musik

Dicht gewebt ist diese klangfarbensatte Kammermusik, und jede Stimme in ihr ist wie ein Glitzerfaden. Mit immer neuen Ideen und Anmutungen warten die Stücke auf. Eine ganze Welt erfahrener und verinnerlichter Musik steckt darin - in Andeutungen und Grundstimmungen. Der Blues scheint an manchen Stellen durch, der Ton osteuropäischer Volksweisen, heiter-melancholische Musette, ein imaginierter Folksong, die klassische Moderne und der Swing haben Spuren hinterlassen in dieser immer wieder traumverloren schönen Musik.

Revolution mit Leidenschaft

Vielleicht nicht in allen Momenten gänzlich schwerelos, aber bemerkenswert locker leicht ist, was Daniel Erdmann‘s Velvet Revolution aus dem Jazz macht, der mit Ausdrucksstärke und packender Dynamik angereichert zugleich tiefenwirksam und mitreißend ist. Und so macht das Trio deutlich, dass auch in der Musik eine samtene Revolution - so wie sie einst 1989 in der Tschechoslowakei stattfand - nur mit Leidenschaft gelingen kann.