Die Pianistin Cathy Krier kommt aus einer Nation, die musikalisch kaum wahrgenommen wird: aus dem Großherzogtum Luxemburg. Cathy Krier ist Anfang 30, sie hat bisher vier CDs mit programmatischem Ansatz vorgelegt, darunter die Einspielung des Klavierwerks von Leos Janácek, aber auch jüngere Klaviermusik von Bernd Alois Zimmermann oder György Ligeti. Mehrfach wurde sie mit Preisen ausgezeichnet. Dennoch begann ihre Karriere ohne einen spektakulären Blitzstart. Ihr neues Album steht unter dem Motto "Masken".
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Der CD-Tipp zum Anhören
Erregte Tonrepetitionen, zackig, rhythmisch imposant und harmonisch schwer zu verorten: ein nicht unbedingt typisches Stück von Claude Debussy. Ursprünglich war diese mit "Masken" überschriebene Komposition als Teil der "Suite bergamasque" geplant. Debussy entschied sich dann jedoch dagegen und brachte sie 1905 als Einzelwerk heraus. Mit "Masken" betitelte auch der 20 Jahre jüngere polnische Komponist Karol Szymanowski seinen 1915/16 komponierten Klavierzyklus. Obwohl Szymanowski immer wieder gerne als der "Impressionist Polens" bezeichnet wird, haben seine "Masken" mit Debussys Stück erst einmal gar nichts zu tun.
Eindrucksvolle Wechselwirkungen zwischen klanglich schwebenden Passagen und ekstatischen Ausbrüchen prägen Szymanowskis Zyklus, der während des Ersten Weltkriegs entstand. Maskenspiele von drei konkreten literarischen Gestalten standen dem Komponisten vor Augen. Zunächst wird die märchenhafte Geschichtenerzählerin Shéherazade episodenhaft und mit orientalischen Assoziationen musikalisch porträtiert. Das zweite Stück bezieht sich auf eine Tristan-Erzählung, und die dritte Maske gehört dem legendären Verführer Don Juan.
Masken sind immer Verkleidungsstücke, sei es für die eigenen Ansichten oder nur zum Spaß. Hier mögen sich Debussy und Szymanowski wunderbar treffen, zumal die Pianistin Cathy Krier hörbar Freude am Maskenspiel hat und ihre facettenreiche Ausdrucks- und Klangpalette mit diesem Repertoire bestens zeigen kann. Sie betont im Booklet, dass es ihr dabei vor allem um die Unterschiede geht, die sich in den fast zeitgleich entstandenen Werken der beiden Komponisten spiegeln. Und das gelingt Cathy Krier auch durch ihre kluge Programmzusammenstellung und Werkauswahl. Den "Maskenstücken" von Debussy und Szymanowski stellt sie noch beide "Images"-Bücher von Debussy voran, traumhaft unwirkliche Welten und geheimnisvolle Klänge.
Ob es die Reflektionen auf dem Wasser sind, die Referenz an Rameau, das fast wie eine Toccata klingende "Mouvement" oder das "Glockengeläut durch das Laub" - all diese "Images" kommen bei Cathy Krier ohne aufgesetzte Dramatik daher, sind dadurch aber nicht weniger eindringlich. Es ist eine packende Unbedingtheit, die ihre Interpretation und ihre Maskenspiele auszeichnet, und ein überzeugendes Plädoyer für diese wunderbare Klaviermusik. Mehr davon!
Claude Debussy:
"Images", Bd. I und II
"Masques"
Karol Szymanowski:
"Masques", op. 34
Cathy Krier (Klavier)
Label: CAvi-music
Sendung: "Leporello" am 27. September 2017, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK