Bildquelle: Sony Classical
Der CD-Tipp zum Nachhören
Die Ouvertüre von Mozarts "Don Giovanni": Mit zwei wüsten Schlägen fährt das Schicksal drein, schon in den ersten Takten wird klar, wohin die Geschichte führt. Dann ein düsterer Marsch. Von Synkopen aus dem Rhythmus gebracht raunt er von künftigem Unheil für den Titelhelden, oder besser: Titelschurken. Teodor Currentzis nimmt vom ersten Takt an wörtlich, was in dieser Musik steckt. Er treibt Tempo, dynamische Kontraste, Phrasierung auf die Spitze. Er lebt am Pult das Draufgängertum Don Giovannis aus: Mit vollem Risiko ins nächste Abenteuer. Lieber daran zugrunde gehen als in sittlich reiner Mittelmäßigkeit und Langeweile erstarren.
Der griechische Dirigent, sein russisches Ensemble MusicAeterna und das Solistenensemble, durchwegs junge, schlanke Stimmen, verlieren in keinem Takt den Grundkonflikt der Oper aus den Augen, der sich schon im Titel manifestiert, wie er auf dem Libretto der Prager Uraufführung von 1787 steht:
"Il Dissoluto Punito, ossia il Don Giovanni; Dramma giocoso…" ("Der bestrafte Wüstling, oder Don Giovanni; komische Oper…")
Ein skrupelloser Wüstling und sein Untergang - das soll komisch sein? Und tatsächlich dürfte es zu dieser Zeit wohl kaum ein Dramma giocoso gegeben haben, in dem schon die Ouvertüre mit ihrem düsteren d-moll-Beginn jede Erwartung an unbeschwerte Komik derart zunichtemacht.
Dennoch nimmt Teodor Currentzis diese beiläufige Gattungsbezeichnung Dramma giocoso überaus ernst und überrascht mit manchem witzigen Einfall in den Rezitativen. Überhaupt die Rezitative: Während sie oft nur als Übergänge zwischen den Highlights angesehen werden, die man halt hinter sich bringen muss, lässt ihnen Currentzis mit seinen Musikern viel Sorgfalt angedeihen. Sie sind so lebhaft und natürlich gestaltet, dass einem die Szenerie auch ohne Bühnengeschehen, allein beim Anhören, ganz anschaulich vor Augen steht.
So ist diese neue CD, mit der Teodor Currentzis seine Trilogie der da-Ponte-Opern vollendet, kompromisslos in jeder Hinsicht: Die komplette Oper war nämlich bereits eingespielt, als Currentzis beim Abhören fand, dass das Ergebnis nicht seinen Vorstellungen entsprach. Er bestand darauf, alles noch einmal aufzunehmen. Es hat sich gelohnt.
Dimitris Tiliakos (Bariton) = Don Giovanni
Vito Priante (Bass) = Leporello
Mika Kares (Bass) = Il Commendatore
Myrtò Papatanasiu (Sopran) = Donna Anna
Kenneth Tarver (Tenor) = Don Ottavio
Karina Gauvin (Sopran) = Donna Elvira
Guido Loconsolo (Bass) = Masetto
Christina Gansch (Sopran) = Zerlina
Chor und Orchester: MusicAeterna
Choreinstudierung: Vitaly Polonsky
Leitung: Teodor Currentzis
Label: Sony Classical