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CD - Guillaume Dufay Vier Tenormessen

Im Spätherbst des Mittelalters schuf Guillaume Dufay, die herausragende Zentralgestalt der ersten Generation franko-flämischer Großmeister, eine neue, eine vertieft am menschlichen Ausdrucksgestus orientierte Musiksprache.

Bildquelle: MEW

CD-Tipp 04.05.2016

Der CD-Tipp zum Nachhören!

Geboren um das Jahr 1400 und erzogen als Chorknabe an der Kathedrale von Cambrai, komponierte der Flame Dufay anfangs noch isorhythmische Motetten – in der herben Klanglichkeit und hierarchisch determinierten Stimmenarchitektur des Stils der französischen Ars nova. Aber im Gefolge geistlicher Würdenträger beim Konzil zu Konstanz dabei, hatte der Jüngling den Wohllaut der Musik des Engländers John Dunstable vernommen, und später, u.a. als Mitglied päpstlicher Kapellen in Rom und Florenz, italienisches Repertoire.

Atemberaubende Kunstfertigkeit

Mit seinem ans Wunderbare grenzenden Gespür für melodische Schönheit und rhythmisch lebendig fließende Stimmengeflechte, hat es Dufay dann vermocht, die verschiedenen Stilelemente europäischer Traditionslinien auf höchstem Niveau zukunftweisend miteinander zu verschmelzen. Nun hat das seit 2003 bestehende, international vielfach ausgezeichnete Vokalensemble Cut Circle unter der Leitung seines Gründers Jesse Rodin die vier vierstimmigen Cantus-firmus-Messen Dufays aufgenommen. Musik von atemberaubender Kunstfertigkeit. Zeitentrückt und doch so nah.

Integrität der Einzelstimme

Auf Dufay, von dem neben den großen Messzyklen eine Vielzahl von sakralen Einzelsätzen und weltlichen Werken überliefert sind, gehen mannigfaltig prägende Momente auf die Satzstruktur und die Mensuralnotation betreffend zurück. Er steht im Zentrum eines musikalischen Paradigmenwechsels in der europäischen Kunstmusik, in dessen Folge Meister wie Ockeghem, Josquin und viele andere – bis hin zu Orlando di Lasso – für die Entwicklung und Grundlegung eines neuen harmonischen Empfindens sorgen konnten, das noch heute viele als gottgegeben verstehen. Vorderhand jedoch standen noch die lineare Integrität der Einzelstimme und ihre Rolle im komplexen Satzgewebe im Zentrum.

Nicht von dieser Welt

Ohne in irgendwelche Manierismen zu verfallen, leuchten die fantastischen Sänger des Ensembles Cut Circle mit viel Gefühl für Balance und Energetik gerade auch jene Passagen aus, in denen sich Dufay in besonderen Kunstfertigkeiten ergeht, in scholastische Rätsel – wie z.B. jenes im Agnus Dei III der Missa "L’homme armé", wo es als Hinweis zur Ausführung des cantus firmus heißt: "die Krabbe geht voll voraus, kommt jedoch nur halb zurück". Solche Rätsel geben der Anmut des musikalischen Atems zwar ein Fundament, hemmen aber nicht ihren Flug. Ganz, als wäre sie nicht von dieser Welt, diese Musik.

Guillaume Dufay: Vier Tenormessen

Missa Se la face ay pale
Missa L'homme arme
Missa Ecce ancilla Domini
Missa Ave regina celorum

Cut Circle
Leitung: Jesse Rodin
Label: MEW

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