Was im Juni 2011 mit der ersten von insgesamt fünf Einspielungen des gesamten sinfonischen Werks von Edvard Grieg mit dem WDR-Sinfonieorchester unter der Leitung des Norwegers Eivind Aadland begann, ist nun vollendet. Die die Gesamteinspielung abschließende, soeben erschienene fünfte CD, stellt den Liedkomponisten und Bearbeiter Grieg in den Mittelpunkt.
Bildquelle: Audite
Der CD-Tipp zum Nachhören!
Edvard Grieg - Complete Symphonic Works
Immer wieder hat er sich leidenschaftlich gegen den Vorwurf der "Norwegerei" gewehrt - doch die Werke dieser CD belegen eindrucksvoll, dass Edvard Grieg sich seines Bekenntnisses zu seiner norwegischen Heimat, zu deren Klang, Atmosphäre, zu deren elegischem Naturmythos alles andere als schämen musste. Denn was Grieg uns in seiner Musik zu Ibsens "Peer Gynt", seinen Norwegischen Tänzen op. 35, den zwei lyrischen Stücken op. 68 und insbesondere in seinem Zyklus "Sechs Lieder für Orchester" hinterlassen hat, ist der Beleg eines Komponisten, der die Instrumentationsraffinessen der Spätromantik bravourös einzusetzen wusste. Umso wertvoller, dass wir sie nun in einer mustergültigen Edition vollständig vorliegen haben.
Das WDR Sinfonieorchester schlägt unter Eivind Aadland genau den richtigen Ton an, den es braucht, um Griegs Heimat akustisch erlebbar werden zu lassen. Einen besseren Natur- und Seelenführer als den Norweger Aadland hätte sich das Orchester nicht wünschen können. Aadland weiß genau, wovon die Musik erzählt. Und so lässt er sie an langer Leine ebenso ausgelassen feiern, mit wachem Ohr für die burschikose Heiterkeit vieler volksmusikalischer Elemente, wie er auch die überwältigenden Eindrücke einer sich auf die Berge legenden Abendstimmung mit majestätischem Staunen zu Gehör bringt. Aadlands Grieg ist kraftvoll, jedes Motiv ist bis ins Detail ausgelotet, bis ins letzte geschliffen und fügt sich doch wie selbstverständlich in einen in jedem Moment spürbaren Blick für die Gesamtform ein.
Wälder, Berge, Fjorde - Edvard Grieg hat Norwegens grandiose Landschaften in atemberaubende Klanglandschaften verwandelt. Ja, es sind manch elegische, lyrische, träumerisch-versonnene Momente in dieser Musik , so, als ob sich sanfte Nebelschwaden über die Natur legen - aber von welcher Schönheit! Und gerade, wenn sich die Musik über Worte legt und diese vom goldwarmen Klang der Sopranistin Camilla Tilling zu leuchten beginnen.
Über vier Jahre haben sich das WDR Sinfonieorchester und Eivind Aadland auf das orchestrale Gesamtwerk Edvard Griegs konzentriert. Sicher, eine neue Gesamteinspielung der Symphonien von Beethoven, Brahms oder Bruckner mag spektakulärer klingen - aber auch diese fünfte und letzte Grieg-CD beweist: Es lohnt sich den Blick zu weiten, auch zu einem Komponisten, der musikalisch viel mehr Sprachen sprach, als "nur" die norwegische. Mit dieser exemplarischen Einspielung kommt man an der Vielsprachigkeit des Griegschen Orchesterkosmos endgültig nicht mehr vorbei. "Norwegischer" geht nicht!
Camilla Tilling, Sopran
Tom Erik Lie, Bariton
WDR Sinfonieorchester Köln, Leitung: Eivind Aadland
Label: Audite