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CD - Elbphilharmonie - The First Recording Thomas Hengelbrock dirigiert Brahms

SIE ist der Star. Majestätisch prangt sie auf dem Cover, und neben ihrem Namen in fetten Lettern treten Dirigent, Orchester und Komponist vornehm zurück. Elbphilharmonie Hamburg - The First Recording. Klar ist sie die schönste im ganzen Land, aber ist sie auch die beste der ganzen Welt, wie Dirigent Kent Nagano schon vor der Eröffnung euphorisch behauptete? Oder ist die mit Vorschusslorbeeren bedachte Akustik etwa doch nicht so toll, wie einige Kritiker - teilweise ebenfalls ziemlich voreilig - in den Feuilletons unken?

Bildquelle: Sony Classical

CD-Tipp 13.01.2017

Der CD-Tipp zum Anhören

Normalerweise diskutiert man in der Klassik-Community ja gern darüber, wer fetter vorne drauf stehen soll: Komponist oder Interpret. Auf dieser CD dreht sich ausnahmsweise mal alles um den Saal, als hätte der die beiden Brahms-Symphonien eingespielt. Diese Vorstellung ist natürlich Unsinn, kann aber zu hübschen Bildideen führen. Auf einem Video, das man auf der Website der Elbphilharmonie sehen kann, bearbeiten Musiker mit ihren Bögen die wellenförmig geriffelte Holzwand des Kleinen Saals und entlocken ihr allerlei interessante Geräusche. Die Botschaft dieser Bilder: Der Saal ist das eigentliche Instrument.

Nicht nur die Akustik ist wichtig

In diesen Tagen der ansteckenden Euphorie gehen solche leichten Übertreibungen völlig in Ordnung. Allerdings lauert hier ein kleines Missverständnis. Auf einer CD sind nun mal Toningenieur und Tonmeister für das klangliche Ergebnis ebenso wichtig wie die Akustik des Saals. Ein gutes Aufnahmeteam kann durch geschickte Mikrophonierung und Abmischung selbst in mittelmäßigen Sälen ein exzellentes Klangbild zaubern. Wer wissen will, ob die Elbphilharmonie akustisch gelungen ist, wird sich also gedulden müssen, bis er ein Ticket ergattert - diese CD gibt darauf keine Antwort.

Hanseatische Zurückhaltung

Hörenswert ist sie trotzdem. Thomas Hengelbrock interpretiert Brahms, den großen Sohn und Ehrenbürger der Stadt Hamburg, mit sympathischer hanseatischer Zurückhaltung. Da Hengelbrock stark von Impulsen der Alte-Musik-Bewegung geprägt wurde, erwartet bei ihm niemand romantischen Überschwang oder fette Klangschwelgerei. Die schnellen Sätze nimmt er angenehm vorwärtsdrängend. Der rhythmische Impuls steht im Vordergrund, klangliche Raffinesse tritt dahinter zurück. Die magischen Momente geraten etwas nüchtern, doch den dramatischen Abschnitten bekommt Hengelbrocks Ansatz sehr gut.

Spannende Variante

Ein paar Überraschungen hält diese eher unspektakuläre Aufnahme aus einem spektakulären Saal aber doch bereit. So nimmt Hengelbrock den berühmten tänzerischen dritten Satz aus der Dritten Symphonie überraschend langsam, fast ein wenig zerdehnt. Und die Vierte Symphonie lässt er mit vier Einleitungstakten beginnen, die Brahms eigentlich unmittelbar vor Uraufführung im letzten Moment gestrichen hat. Eine spannende Variante, auch wenn mich persönlich Brahms‘ endgültige Fassung mehr überzeugt. Alles in allem eine schöne Scheibe, die allerdings mehr über das Elbphilharmonie Orchester und seinen Chef sagt als über die Elbphilharmonie. Auf das nächste Cover kann dann gern wieder Dirigent oder Komponist.

Elbphilharmonie - The First Recording

Johannes Brahms:
Symphonie Nr. 3 F-Dur, op. 90
Symphonie Nr. 4 e-Moll, op. 98

NDR Elbphilharmonie Orchester
Leitung: Thomas Hengelbrock

Label: Sony Classical

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