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CD - Ensemble Pygmalion Enfers - ein Ensemble auf Höllenfahrt

Raphaël Pichon sieht rot. Mit seinem Ensemble Pygmalion inszeniert er eine Höllenfahrt in die Abgründe der französischen Oper.

Bildquelle: © harmonia mundi

Der CD-Tipp zum Nachhören

Gleich zu Beginn ein Warnhinweis: Die Temperatur dürfte gleich um ein paar Grad ansteigen. Das Ensemble Pygmalion lädt nämlich zu einem Ausflug der besonderen Art: nein, es geht nicht in tropische Gefilde, sondern auf Höllenfahrt.

Unterweltszenen von Rameau und Gluck

Der junge französische Dirigent Raphaël Pichon ist nicht nur ein meisterlicher Interpret von vor allem Alter Musik, sondern er weiß auch, wie er sie verkaufen muss. Mit seinem Ensemble Pygmalion inszenierte er vor ein paar Jahren schon ein Album, auf dem er von Schumannschen Sirenen bis zu den namensgebenden Wagnerischen Rheintöchtern allerlei Wasserwesen zusammenbrachte, mit reichlichem Harfengetöne versteht sich. Dieses Mal hat er also das Element gewechselt, nämlich Feuer statt Wasser, und noch dazu einen grandiosen Sänger für sein Projekt gewonnen: Stéphane Degout schlüpft in die Rollen von Theseus, Orest und Co und lotet mit seinem eindringlichen Bariton die Untiefen der Rache- und Unterweltszenen aus in den Opern von Rameau und Gluck.

Imaginäre Totenmesse

Das ist insofern eine geradezu infernalisch gute Strategie, die da aufgeht, als Pichon sich die oft stärksten Szenen aus den verschiedenen Opern herauspicken kann. Gleichzeitig bietet er dem Hörer ein Panorama der französischen Tragédie lyrique des 18. Jahrhunderts, freilich begrenzt auf das Werk Rameaus und Glucks mit einer kleinen instrumentalen Beigabe von Jean-Féry Rebel. Und um dem Ganzen noch eins drauf zu setzen inszeniert Pichon seine Höllenfahrt als imaginäre Totenmesse. Inspiriert wurde er zu diesem Streich von einem Notenfund in der Pariser Nationalbibliothek: Ein Requiem aus anonymer Hand, das auf Themen von Rameaus "Castor und Pollux" beruht. Die Messteile mischen sich stimmig unter die übrigen Stücke und spitzen das Repertoire durch ihren profan-sakralen Zwitter-Charakter zusätzlich zu.

Man sieht die zügelnden Flammen förmlich vor sich. Vor allem das Orchester weiß die barocken special effects mit Pauken und Trompeten bilderreich umzusetzen. Die mal lyrischen mal mächtigen Chorsätze schließlich sind das Tüpfelchen auf dem i. Mit "Enfers" gelingt Raphaël Pichon wieder einmal ein meisterlich inszeniertes Album voller barocker Abgründe.

Ensemble Pygmalion - Enfers

Ensemble: Pygmalion, Leitung: Raphaël Pichon
Tenor: Stéphane Degout
Label: Harmonia Mundi

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 25. März 2018, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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