Wunderkinder? Gehören für den Hornisten Felix Klieser ins Reich der Märchen. Er sei nicht wahnsinnig talentiert, vielmehr arbeite er sehr hart – so wie alle großen Künstler, sagt er. Acht-Stunden-Probetage sind bei Klieser eher die Regel als die Ausnahme. Und es ist nicht übertrieben zu sagen: Der 1991 geborene Niedersachse hat sein Leben dem Horn verschrieben.
Bildquelle: Berlin Classics
CD Tipp 17.04.2015
Felix Kieser - Hornkonzerte
Jetzt erscheint seine zweite Solo-CD. Mit Hornkonzerten von Joseph und Michael Haydn, und dem fragmentarischen zweisätzigen Hornkonzert von Wolfgang Amadeus Mozart. Klieser wird begleitet vom Württembergischen Kammerorchester Heilbronn unter der Leitung von Ruben Gazarian. Mit dem für ihn typisch sensiblen Tongespür lotet er von samtig-weich bis kratzig-schmetternd sämtliche Klangschattierungen dieses so herausfordernden Instrumentes aus.
Mit den klassischen Hornkonzerten verbindet Klieser eine lange, ja man kann sagen: eine Liebesgeschichte. Wenn auch eine mit Irrungen und Wirrungen. Die Hornkonzerte der Gebrüder Joseph und Michael Haydn hörte er schon als Kind rauf und runter, bis er sich selbst an ihnen versuchte – und mit ihnen rang. Immer wieder steckte er die Noten frustriert in die Schublade. Liebe auf den ersten Blick sieht anders aus, sagt Klieser, aber heute fühle er sich den Werken umso intensiver verbunden. Dem ersten Hornkonzert von Joseph Hayden, bei dem das hohe Klangspektrum des Horns gefordert ist, ebenso wie dem zweiten, das die tiefen Töne verlangt.
Die Klänge, die Klieser, das Horn auf einem Stativ, den linken Fuß an den Ventilklappen, auf seinem Instrument erzeugt, fügen sich quasi nahtlos in den Orchesterklang ein. Seine Artikulation bleibt immer klar. Und aus dem scheinbaren Problem, dass er nicht wie andere Hornisten seine rechte Hand in den Schalltrichter stecken kann, um den Klang zu verändern, hat er eine Tugend gemacht: Es ist ein ganz eigener Felix-Klieser-Hornklang, den er über die Jahre entwickelt hat. Allein über die Zungenstellung und seinen Atem verändert er die Klangfarbe des Instruments.
Eindrucksvoll warm und zart, intonatorisch meist auf höchstem Niveau verschafft Klieser nicht nur den hier präsentierten Werken Gehör, sondern stellt auch das Horn als Instrument selbst ins Rampenlicht. Für seine erste CD "Reveries" hat Klieser 2014 den ECHO Klassik bekommen, in der Kategorie Nachwuchskünstler des Jahres im Fach Horn. Als Nachwuchskünstler kann man ihn trotz seines jungen Alters inzwischen fast nicht mehr bezeichnen. Mit seinen 24 Jahren gehört er, der Hornist ohne Arme, bereits zu den Besten seines Fachs. Dennoch ist diese zweite Solo-CD sicher erst der Anfang. Der ambitionierte Musiker hat noch viel vor, und so diszipliniert – und ja: talentiert – er ist, erwartet uns ganz bestimmt noch einiges.
Joseph Haydn:
Hornkonzerte Nr. 1 & 2
Michael Haydn:
Hornkonzert D-Dur
Wolfgang Amadeus Mozart:
Hornkonzert Es-Dur KV 370b / 371 (Rekonstruktion)
Felix Klieser (Horn)
Württembergisches Kammerorchester Heilbronn
Leitung: Ruben Gazarian
Label: Berlin Classics