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CD - Fortuna desperata Orgelmusik aus Gotik und Renaissance

Das Repertoire, das Daniel Beilschmidt ausgewählt hat, reicht von der ältesten Quelle für Orgelmusik überhaupt, dem Robertsbridge Codex von 1320, über Orgeltabulaturen der Renaissance bis ins 16. Jahrhundert zu Paul Hofhaimer und seinen Schülern.

Fortuna desperata - Orgelmusik aus Gotik und Renaissance | Bildquelle: Genuin

Bildquelle: Genuin

Sie waren Stars. Sie wurden umjubelt, bewundert, verehrt. Die Organisten der Gotik und der Renaissance brachten selbst Könige und Kaiser zum Staunen. Der Nürnberger Organist Conrad Paumann zum Beispiel wurde auf einer Italien-Tournee gefeiert und mit prächtigen Waffen und Gewändern überhäuft. Der Salzburger Paul Hofhaimer bekam mit seiner Orgel einen eigenen Wagen im Triumphzug Kaiser Maximilians. Und die Reichen und Schönen in Florenz waren zu Tränen gerührt, wenn Francesco Landini auf der Orgel spielte. Doch heute, beim Blick auf die kargen Noten mit ihren wunderlichen Kadenzen und verschnörkelten Melodien, fragt man sich: Warum in aller Welt waren die Leute damals nur so aus dem Häuschen?

Kraftvoll und virtuos

Die Antwort bekommt man, wenn man Daniel Beilschmidt spielen hört. Seine neue CD ist ein wahres Fest der Renaissanceorgel. So fantasievoll, so plastisch und lebenszugewandt hat man dieses fremdartige Repertoire selten erlebt. Unter den Händen des Leipziger Universitätsorganisten wirken die jahrhundertealten Praeambula und Intavolierungen nicht spröde, sondern kraftvoll, nicht verschroben, sondern virtuos. Beilschmidt beherrscht das Vokabular der Verzierungen und Diminutionen aus dem 14. und 15. Jahrhunderts so selbstverständlich wie eine Sprache und lässt, ganz wie die damaligen Starorganisten, auch improvisatorische Momente einfließen. Und ihm steht ein ganz besonderes Instrument zur Verfügung.

Orgel der Leipziger Universitätskirche

Die Orgel, die wie ein Schwalbennest oben an der Mauer in der Leipziger Universitätskirche klebt, ist noch ganz neu, hat aber einen uralten Klang. Die Firma Metzler hat sie im Stil der Renaissance konzipiert. Fertig ist bislang allerdings nur die erste Ausbaustufe: Ein herb strahlendes Blockwerk aus Prinzipalen und Mixtur vertritt das Erbe der Gotik; ein schnarrendes Regalregister und eine sanfte Rohrflöte bringen schon die neuartige Farbenwelt der Renaissance ein.

Das Repertoire, das Daniel Beilschmidt ausgewählt hat, passt perfekt zu dieser derzeitigen Baustufe. Es reicht von der ältesten Quelle für Orgelmusik überhaupt, dem Robertsbridge Codex von 1320, über Orgeltabulaturen der Renaissance bis ins 16. Jahrhundert zu Paul Hofhaimer und seinen Schülern. Aufgelockert und bereichert wird der Orgelklang in einzelnen Stücken durch die hell leuchtenden Zwischengesänge der Sopranistin Christine Mothes und durch vielfältige Glocken und Glöckchen, die Veit Heller beisteuert. Nicht zuletzt deshalb wirkt die Orgelmusik der Renaissance auf dieser CD so farbenreich und faszinierend - und bewahrt sich doch zugleich den Reiz des Fremden und Exotischen.

Fortuna desperata - Orgelmusik aus Gotik und Renaissance

Guillaume de Machaut, Antoine Busnois, Johannes Buchner, Alexander Agricola, Paul Hofhaimer, Johannes Buchner, Sethus Clavisius und aus dem Robertsbridge Codex, dem Codex Faenza, dem Buxheimer Orgelbuch, dem St. Galler Orgelbuch und den Tabulaturen des Adam Ileborgh von Stendal und des Leonard Kleber

Daniel Beilschmidt, Orgel | Christina Mothes, Sopran | Veit Heller, Glocken

Label: Genuin

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