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CD - Francesca Caccini "La liberazione di Ruggiero dall'isola d'Alcina"

Zum Navigieren auf entlegenen Kontinenten der Operngeschichte helfen normalerweise Partituren. Schwierig wird es, wenn sie nur wenige Informationen über die Intentionen des Komponisten liefern. Dann müssen Dirigenten sich mit ihrer gesammelten Erfahrung in das Abenteuer stürzen, erst einmal eine praktikable Aufführungsversion des Stückes herzustellen. So etwa Paul van Nevel bei "La liberazione di Ruggiero dall'isola d'Alcina".

Bildquelle: deutsche harmonia mund

Der CD-Tipp zum Anhören

Francesca Caccini: "La liberazione di Ruggiero dall'isola d'Alcina"

Elementar wirken die Klänge dieses Werks, die auf eine der frühesten Komponistinnen zurück gehen - Francesca Caccini.Wie ihr Vater Giulio bringt sie Anfang des 17.Jahrhunderts Noten zu Papier, die solistischem Gesang und seinem Text Priorität einräumen - vor jeglichem Instrumentalapparat. Jedes Wort kann verstanden werden, sein Sinn soll sich durch Töne erschließen.

90-minütiges Beziehungsdreieck

Das Libretto ist eine Abwandlung von "Orlando furioso”, dem bedeutenden epischen Ritterroman von Lodovico Ariosto. Seine Grundzüge kennen Operngänger etwa von Händels "Alcina": Ruggiero ist der Name des Ritters, der von der Zauberin Alcina erobert und gefangen gehalten, dann aber von ihrer Rivalin Melissa befreit wird. Das simple Beziehungs-Dreieck gießt Francesca Caccini in ein rund 90-minütiges "Ballett mit Prolog und drei Szenen". In dieser frühen Form des Musiktheaters wechseln Rezitative mit Arien, Ensembles mit Chören.

Zeitreisen zu den Wurzeln der Oper

Was da am 3. Februar 1625 in der Florentiner Villa di Poggio Imperiale Eindruck machte, war ein Auftragswerk der Maria Magdalena von Österreich, verheiratete de' Medici. Stattliche 391 Jahre später dient die St. Augustinuskirche im belgischen Antwerpen als Klangkulisse für die konzertante Aufführung dieser "Liberazione". Der Live-Mitschnitt mit dem Alte-Musik-Spezialisten Paul van Nevel dokumentiert, welche kenntnisreichen Entscheidungen da jemand traf, um das Stück überhaupt erst erklingen lassen zu können. Denn mit dem üblichen "Interpretieren" war es hier nicht getan, am Notenmaterial musste vieles ergänzt und aufführbar gemacht werden. Die tragenden Solisten haben spürbar Lust an der Zeitreise zu den Wurzeln der Gattung Oper: Michaela Riener und Sabine Lutzenberger im Kampf um Achim Schulz. Und das belgische Huelgas Ensemble bestätigt seine Qualitäten, zum Klangorganismus verschmolzen: Es grübelt und atmet, wütet und tanzt - im Emotionsrausch!

Francesca Caccini: "La liberazione di Ruggiero dall'isola d'Alcina"

Michaela Riener, Mezzosopran - Alcina
Achim Schulz, Tenor - Ruggiero
Sabine Lutzenberger, Mezzosopran - Melissa
Axelle Bernage, Mezzosopran - Nunzia
Katelijne Van Laethem, Sopran - Sirena und Dama Disincantata
Matthew Vine, Tenor - Nettuno und Astolfo
Bernd Oliver Fröhlich, Tenor - Vistola Fiume und Pastore

Huelgas Ensemble
Leitung: Paul Van Nevel

Label: deutsche harmonia mundi

Sendung: "Leporello" am 18. April 2018 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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