Zwei Meisterwerke der französischen Romantik kombinieren die Geigerin Isabelle Faust und ihr inzwischen langjähriger Kammermusikpartner Alexander Melnikov auf ihrer neuen CD. Gemeinsam widmen sie sich damit zum ersten Mal der französischen Musik.
Bildquelle: Harmonia Mundi
Der CD-Tipp zum Anhören
César Franck entwickelte in seinem letzten Lebensjahrzehnt eine immense künstlerische Reife und kompositorische Qualität. So entstanden einige der schönsten Werke der französischen Kammermusik überhaupt, neben seinem Streichquartett vor allem die A-Dur-Sonate für Klavier und Violine - ausdrücklich in dieser Reihenfolge. Der Klavierpart ist alles andere als Begleitung, die beiden Instrumente agieren absolut auf Augenhöhe, was in der Aufnahme von Melnikov und Faust auf das Schönste zu Tage tritt. Ungemein detailreich, fast schon detailverliebt, mit feinsten dynamischen Schattierungen wird da musiziert, extrem genau im Umgang mit dem Vibrato wie in der Wahl der Tempi. Der erste Satz entwickelt sich bei den Beiden eher grüblerisch denn träumerisch, was der weiche Klang des Erard-Flügels aus der Entstehungszeit der Sonate noch unterstützt. Keine Frage, Melnikov und Faust loten Extreme aus, stoßen, was Struktur und Aufbau angeht, in Grenzbereiche vor. Doch César Franck hält das nicht nur aus, er gewinnt. Seine Musik wirkt in dieser detailbesessenen und doch nie manierierten Aufnahme ungemein reflektiert.
Radikal persönlich und melancholisch
Im Vergleich mit dieser Franck-Sonate ist Ernest Chaussons Konzert für Klavier, Violine und Streichquartett das weit weniger populäre Werk. 1892, also sechs Jahre nach der Sonate, wurde es uraufgeführt, ebenfalls in Brüssel und ebenfalls unter der Mitwirkung des großen Geigers Eugène Ysaye. Die Kombination dieser beiden Kammermusikwerke ergibt unbedingt Sinn, nicht nur, weil Chausson ein Schüler Francks war. Chausson intensiviert den vergrübelten Ton der Franck'schen Musik und dunkelt ihn mit einem guten Schuss Richard Wagner bzw. "Wagnerisme" ein. Es gibt weite und wunderschöne melodische Bögen in Chaussons Konzert. Und doch findet es erst im Finale und nach einem langen Gang durch fast schon qualvolle Dunkelheit zu einem lichtdurchfluteten Schluss. Ein radikal persönliches, insgesamt melancholisches Werk, das Einblicke in offenbar komplizierte und wenig optimistische Seelenstrukturen gibt. Aber eines, das man gerne häufiger hören würde.
Größtmögliche Transparenz
Das Salagon Quartet, mit dem Melnikov und Faust musizieren, ist an der historischen Aufführungspraxis geschult und sorgt für größtmögliche Transparenz. Dem Chausson-Konzert bekommt das bestens, dunkel und schwergewichtig ist es sowieso hinreichend. Und Isabelle Fausts innige Vertrautheit mit der französischen Kultur auch musikalisch zu erleben, ist eine echte Freude.
César Franck:
Sonate für Klavier und Violine A-Dur
Ernest Chausson:
Konzert für Klavier, Violine und Streichquartett D-Dur, op. 21
Isabelle Faust (Violine)
Alexander Melnikow (Klavier)
Salagon Quartet
Label: Harmonia Mundi
Sendung: "Leporello" am 20. Juni 2017, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK