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CD - Franui Tanz! (Franz)

"Wenn Du einen Trauermarsch viermal so schnell spielst, wird’s eine Polka", meinen Markus Kraler und Andreas Schett. Das mag zunächst ein wenig simpel und respektlos klingen, aber die beiden, Bassist bzw. Akkordeonspieler und Trompeter von Franui, müssen es wissen. Denn die mittlerweile legendäre, nach einer Almwiese im Osttiroler Dorf Innervillgraten benannte Musicbanda ist Spezialist für Trauermärsche und Friedhofsmusiken aller Art.

Bildquelle: col legno

CD Tipp 22.02.2016

Der CD-Tipp zum Nachhören!

Auf dem Tanzboden war Franui bislang weniger zu Hause, aber das hat sich mit der jüngsten CD der großartigen Truppe geändert. Mit ihr treten die zwei Musikerinnen und acht Musiker mühelos, hoch musikalisch und unglaublich anrührend den Beweis für die Richtigkeit ihrer oben genannten These an.  Franui denkt bzw. musiziert Tanzboden und Friedhof zusammen, begreift sie als die zwei Seiten derselben Medaille, die da Leben heißt und zu der eben beides gehört, ganz nach dem von Franui selbst zitierten Motto: " … eine Viertelstund‘ vor seinem Tod, ja, da war er noch am Leben."

Volks- und Kunstmusik reichen sich die Hand

Die Musikalität, Souveränität und liebevolle Fantasie, aber auch das Augenzwinkern, mit denen Franui hier mit der Musik von Franz Schubert, Béla Bartók, György Ligeti, Mozart und einigen anderen umgehen, sucht ihresgleichen. Ja, fast möchte man sagen, dass sie all diesen Tänzen und Liedern, Moments Musicaux, Opernausschnitten und Violinduos bei allen Freiheiten mit größerem Respekt begegnen als mancher Klassik-Interpret, der sich vermeintlich, aber manchmal eben nur vermeintlich penibel an die Partitur hält. Es ist wunderbar zu erleben, wie sich Volks- und Kunstmusik die Hand reichen, wie 19 Deutsche Tänze von Schubert kunstvoll zum Alptraum eines österreichischen Pianisten zusammengebastelt, seine "Trocknen Blumen" binnen vier Minuten tatsächlich vom Trauermarsch zur Polka verwandelt oder Bartók, Ligeti und Schubert in ein wildes Zwiefacher-Gemisch getrieben werden.

Schräges Totengräberlied

Jedes der 16 Stücke ist ein Kunstwerk, und auch nach dreimaligem Hören dieser 55 Minuten Musik weiß man nicht, welches denn nun das schönste ist. Natürlich wäre Franui nicht Franui, würde das Ganze nicht in eine leicht schräge Version von Schuberts und Höltys "Totengräberlied" münden. Dem folgen dann freilich ganz zum Ausklang noch ein paar hausgemachte musikalische Knödel, sozusagen als Leichenschmaus. Eine schlicht wundervolle Veröffentlichung.

Franui: Tanz! (Franz)

"Und Lenz wird kommen / Und Winter wird gehen …"

Tanzmusik aus hochalpinem Gebiet und aus der Tiefebene, zwischen Schubert, Bartók und Osttiroler Jungbauernball, quer durch musikalische Epochen und Stile
Ensemble Franui
Label: col legno

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