Es gibt kaum eine CD, die einen mit den ersten zwei Akkorden schon so in den Bann zieht wie diese hier. Die beiden Böller, punktgenau gezündet vom Deutschen Symphonie-Orchester Berlin, sind der Auftakt zu einem 20-minütigen Ideenfeuerwerk, als das sich Francis Poulencs Konzert für zwei Klaviere und Orchester hier entpuppt.
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CD-Tipp 14.03.2017
Der CD-Tipp zum Anhören
So oft klingt dieses Stück von 1932 bloß gutmütig-harmlos, wie der Soundtrack zum Sonntagscafé. Aber hier, unter den geistreichen Fingern des Klavierduos Andreas Grau und Götz Schumacher und mit den messerscharfen Attacken des Orchesters unter Brad Lubman, wirkt das Stück spritzig, witzig und frech. Andreas Grau und Götz Schumacher kosten die Kontraste genussvoll aus - vom übermütigen Zirkusgag bis zum verträumten Mozart-Zitat. Sie können auch mal im Wohlklang schwelgen, ohne kitschig zu sein, und bezaubern mit Anklängen an balinesische Gamelan-Orchester, von denen Poulenc so fasziniert war.
Gerade Passagen wie diese könnte auch von John Adams stammen. Der amerikanische Post-Minimalist hat weiß Gott nicht nur Meisterwerke hervorgebracht, aber seine "Grand Pianola Music" von 1982 ist ein echter Geniestreich - und wahrscheinlich sogar das gewichtigste Stück auf dieser CD. Adams hatte geträumt, mit Tempo 150 über den Highway zu brettern und dabei von zwei schwarzen Limousinen überholt zu werden, die sich plötzlich in die größten Steinways der Welt verwandeln. Das Ergebnis: ein moderner Klassiker zwischen Rausch und Rummelplatz, zwischen Trance und trockenem Humor. Andreas Grau und Götz Schumacher spielen mit virtuoser Leichtigkeit, die Bläser des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin pulsieren transparent mit und lassen jede der psychedelischen Rhythmusverschiebungen hören, bis sich die über drei Sätze aufgebaute Spannung in einem herrlich kitschigen Schlager entlädt.
Ergänzt wird das Programm durch eine kuriose Rarität aus den 1930er Jahren: Der kanadische Komponist Colin McPhee war damals auf die Insel Bali gezogen, hatte sich dort ein Haus gebaut und ließ sich von den Gamelan-Ensembles zu einer Toccata für Orchester und zwei Klaviere inspirieren. Auch wenn das Stück mit seinem stellenweise naiven Folklorismus nicht ganz zu Unrecht vergessen wurde, überrascht es doch mit seinen exotischen Klängen - und mit Passagen, die schon ganz wie Minimal Music klingen. Und so schließt sich der Kreis: Andreas Grau und Götz Schumacher haben drei Konzerte ausgewählt, die alle erstaunlich verwandt erscheinen, ohne wirklich verwandt zu sein. Ein anregendes Programm mit hohem Spaßfaktor, dazu brillant gespielt - was will man mehr!
Francis Poulenc:
Konzert für zwei Klaviere und Orchester d-Moll
Colin McPhee:
Toccata für Orchester & zwei Klaviere "Tabuh-Tabuhan"
John Adams:
"Grand Pianola Music"
GrauSchumacher Piano Duo:
Andreas Grau und Götz Schumacher
Trio Mediaeval
Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Leitung: Brad Lubman
Label: NEOS