BR-KLASSIK

Inhalt

CD - Giovanni Antonini Haydn, der Melancholiker

CD-Label "Joseph Haydn: Solo e pensoso" | Bildquelle: Alpha Classics

Bildquelle: Alpha Classics

Dass Joseph Haydn Humor hatte und seine Zuhörer gern überraschte und zum Lächeln brachte, ist weithin bekannt. Man denke nur an seine Symphonie Nr. 94 "mit dem Paukenschlag", die eingeschlafene Konzertbesucher wecken sollte. Oder an die Symphonie Nr. 60 Il distratto – Der Zerstreute, in der die Streicher mitten im letzten Satz ihre Instrumente nachstimmen. Dass Haydn aber auch ein Melancholiker sein konnte, der auf einsamen Pfaden wandelte, das beweist Giovanni Antonini zusammen mit Il Giardino Armonico im 3. Teil seiner Gesamteinspielung von Haydns Symphonien, die bis zum 300. Geburtstag 2032 fertig sein soll.

Berührend und einfühsam

Nicht chronologisch, sondern thematisch wählt der Dirigent die Symphonien und flankierende Werke aus. Nach La Passione – Die Leidenschaft und Il Filosofo – Der Philosoph nennt Antonini seine aktuelle Zusammenstellung Solo e pensoso – Allein und nachdenklich. Der Titel entstammt Haydns letzter weltlicher Arie mit Orchesterbegleitung aus dem Jahr 1798, die sich ebenfalls auf der CD findet. Die junge italienische Sopranistin Francesca Aspromonte interpretiert dieses berühmte Petrarca-Sonett berührend und einfühlsam.  

Dunkle Zerrissenheit

Der einsame Haydn, der in der ungarischen Provinz auf Schloss Esterháza als Kapellmeister wirkte und in ländlicher Abgeschiedenheit zum Originalgenie wurde, ist mehr als ein Klischee. Bei aller Lebensfreude, die durch sein Werk strömt, hat doch auch der Melancholiker seine Spuren hinterlassen. Das zeigt sich besonders in den langsamen Sätzen der Symphonien Nr. 42 und 64. Der Klang der Streicher wird hier durch Ebenholzklemmen auf dem Steg gedämpft. Und im Largo der 64. Symphonie verschwinden zudem Kadenzen, um mit zeitlicher Verzögerung wieder aufzutauchen. Doch auch in den schnelleren Sätzen zeigt sich mitunter eine dunkle Zerrissenheit, die durch starke dynamische Unterschiede unterstrichen wird.

Ein grosser Wurf

Giovanni Antonini akzentuiert den melancholischen Gestus der ausgewählten Symphonien, indem er die Pausen ausgiebig zelebriert. Dennoch gelingt es ihm mit Il Giardino Armonico – seit 30 Jahren eines der Spitzenorchester der historischen Aufführungspraxis – den gedehnten Spannungsbogen zu halten und eine Haydn-CD aus einem Guss zu schaffen. Auch die Nummer 3 der Gesamteinspielung aller Haydn-Symphonien ist ein großer Wurf, und die themenbezogene Auswahl ein origineller Zugang. Man darf gespannt sein, welche Facetten an Haydns Werk uns Antonini noch präsentieren wird.

Joseph Haydn: Solo e pensoso

Sämtliche Symphonien No.3 (Haydn 2032)
Il Giardino Armonico, Leitung: Giovanni Antonini
Francesca Aspromonte (Sopran)
Label: Alpha Classics

BR-KLASSIK empfiehlt

    AV-Player