Weihnachten und Advent, das ist auch die sangesfreudigste Zeit des Jahres. Mit einem Repertoire, das in aller Regel "sattsam bekannt" ist. Umso erfreulicher, wenn es in diesem allgemeinen Jubelchor auch bislang Unerhörtes zu entdecken gilt. So wie auf der vorliegenden CD-Neuerscheinung.
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CD-Tipp 08.12.2016
"Jauchze, du Tochter Zion"
Das Eingangsstück von Gottfried August Homilius ist zugleich die einzige Advents-Kantate dieser CD. Die anderen vier Werke sind dem Weihnachtsfest selbst gewidmet. Doch auch Homilius' viersätzige Kantate "Erhöhet die Tore der Welt" bringt mit ihren Pauken und Trompeten bereits festlichen Glanz in die normalerweise eher abgetönte Vorweihnachtszeit. Als Kreuzkantor und Musikdirektor der drei Dresdner Hauptkirchen war Homilius das vermutlich seinem Ruf schuldig. Schließlich galt er zu Lebzeiten als der "ausgemacht beste Kirchenkomponist". Umso bemerkenswerter, dass diese Kantate zum 1. Advent hier offenbar erstmals auf CD erklingt - zutage gefördert von der Kölner Akademie, die inzwischen bekannt ist für das Aufspüren musikalischer Raritäten.
Gespielt wird auf modernen und historischen Instrumenten, dabei stets fokussiert auf authentische Besetzungen. Dazu gehört beispielsweise auch, dass die Gesangssolisten zugleich Chorpartien übernehmen. Etwa die gebürtige Münchnerin Hanna Herfurtner mit ihrer enormen stilistischen Bandbreite zwischen Barockoper und musikalischer Moderne.
Christoph Förster heißt der Bach-Zeitgenosse, dessen Kantate "Ehre sei Gott in der Höhe" das Weihnachtsgeschehen gewissermaßen aus himmlischer Perspektive kommentiert - nämlich aus Sicht der Engel. In der Sopranarie "Jauchzet itzt mit frohem Herzen" wettweifern Solistin und konzertierende Soloflöte miteinander in virtuosen Koloraturen, die gerade in der kammermusikalisch gehaltenen Besetzung der Kölner Akademie adäquat zur Geltung kommen.
Aber dasselbe Ensemble ist auch zu oratorischer Größe fähig, wie die Eröffnung von Johann Heinrich Rolles sechsteiliger Weihnachtskantate "Siehe, Finsternis bedecket das Erdreich" offenbart. Mit ihrem ausgeprägten Themen-Dualismus zur Darstellung von Finsternis und Licht, mutet manches an Rolles Kantate bereits wie die Vorahnung der Haydn'schen "Schöpfung" oder späterer Oratorien Mendelssohns an. Die Besetzung der Tenorpartie mit dem für seine empfindsamen und ausdrucksstarken Interpretationen bekannten Georg Poplutz erscheint daher ausgesprochen adäquat.
Der inzwischen weitgehend in Vergessenheit geratene Johann Heinrich Rolle, der als Organist und Musikdirektor in Magdeburg tätig war, ist auf der vorliegenden CD mit gleich zwei seiner dramatisch angelegten Kantaten vertreten. Und das ist gut so. Denn auch seine titelgebende Weihnachtskantate "Jauchze, du Tochter Zion" mit ihrem prachtvollen Eingangschor ist zweifellos eine Bereicherung für das weihnachtliche Repertoire ...
Gottfried August Homilius:
"Erhöhet die Tore der Welt"
Gottfried Heinrich Stölzel:
"Kündlich groß ist das gottselige Geheimnis"
Johann Heinrich Rolle:
"Siehe, Finsternis bedecket das Erdenreich"
"Jauchze, du Tochter Zion"
Christoph Förster:
"Ehre sei Gott in der Höhe"
Hanna Herfurtner (Sopran)
Carola Günther (Alt)
Georg Poplutz (Tenor)
Raimonds Spogis (Bass)
Kölner Akademie
Leitung: Michael Alexander Willens
Label: cpo