Bildquelle: Harmonia mundi
Die Kostprobe vom 3. Mai 2015
Johann Staden - Motetten
Italien! Italien! Italien! - nichts als Italien. Alle sprechen immer nur von Palestrina, Gabrieli und Monteverdi. Schütz ist extra hingereist und Hans Leo Hassler auch, um direkt vor Ort den italienischen Stil zu lernen. - Man kann sich gut vorstellen, wie Johann Staden, führender Komponist der freien Reichsstadt Nürnberg, die Augen verdreht und genervt ausruft: "Italiäner nicht alles wissen, Teutsche auch etwas können!"
Dieses Zitat ist verbürgt - aber auch die Tatsache, dass Staden selbst natürlich sehr wohl die neuesten Trends aus Italien kannte - und für seine Kompositionen nutzte. Zu hören ist das auf der neuen CD des Windsbacher Knabenchors, der Capella de la Torre und des Ensembles Concerto Palatino - mit der Weltersteinspielung von 15 Motetten, die Johann Staden 1625 unter dem Titel "Kirchen-Music Erster Theil" herausgebracht hat. Mit von der Partie sind auch vier erstklassige Gesangs-Solisten: Hana Blažiková, Alex Potter, Satoshi Mizukoshi und Dominik Wörner.
Besonders die venezianische Mehrchörigkeit hat Staden hier inspiriert. "Mittendrin im Klang" war damals die Devise, als man im Markusdom die Chöre auf verschiedene Emporen stellte, um einen nie zuvor gehörten Raumklang-Effekt zu erzeugen. Diese mediterran-katholische Prachtentfaltung verknüpfte Staden kunstvoll mit einem protestantischen Sinn für das Wesentliche - waren doch alle Gesänge für die Liturgie der großen Festtage in Nürnberg bestimmt.
Martin Lehmann, der Leiter des Windsbacher Knabenchors, hebt die zwei Haupt-Qualitäten in der Musik Stadens hervor: die "ganz eigene Textbehandlung mit klarem Bezug" und die "wunderbaren musikalischen Farben". Auf beide Pole legt Lehmann den Fokus der Interpretation: exzellent die Artikulation des Chores und der Solisten - vielgestaltig und bunt die Klangfarbenpalette der beteiligten Ensembles mit ihrem reichen Instrumentarium der damaligen Zeit.