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CD – Klaus Ospald Aus dem Leopardi-Zyklus

"Dich ruft der Tod, beim ersten Tagesschimmer das letzte Lebewohl. Natur, an Wundern reich und an Gräueln nicht minder,wenn es für die Menschen Verlust bedeutet, vor der Zeit zu sterben,wie kannst du es dulden bei jenen schuldlosen Wesen?"

Bildquelle: Wergo

CD-Tipp 12.01.2016

Der CD-Tipp zum Nachhören!

Ein Grabstein für ein viel zu früh verstorbenes Mädchen hat den italienischen Dichter Giacomo Leopardi zu diesen Zeilen angeregt. Die Gleichgültigkeit der Natur gegenüber dem menschlichen Leid – das war schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts sein großes Thema. Ohne Beschönigung, ohne religiösen Trost umkreist Leopardi die bittere Einsicht, der Mensch sei kaum mehr als eine Randerscheinung im Kosmos.

"Reiche gehen zugrunde,
Völker und Sprachen verschwinden: die Natur nimmt es nicht wahr.
Der Mensch aber prahlt, mit der Ewigkeit sei er im Bunde."

Leopardis bestürzende Lyrik – sie hat den Würzburger Komponisten Klaus Ospald existentiell getroffen. Und so hat Ospald zwischen 2005 und 2012 einen groß dimensionierten, sechsteiligen Leopardi-Zyklus geschrieben. Drei Stücke daraus sind nun auf CD zu hören, mit so namhaften Interpreten wie dem WDR-Rundfunkchor Köln unter Rupert Huber oder dem Collegium Novum Zürich unter Peter Hirsch. Es ist Musik, die unter die Haut geht. Dabei handelt es sich nur in einem Fall um eine regelrechte Vertonung von Leopardis Versen. Die beiden anderen Stücke sind rein instrumentale Reflexionen über ein Gedicht, das den einsamen, nur kurz blühenden Ginster oben am kahlen Kraterrand des Vesuv besingt  – Symbol für die Zerbrechlichkeit der Schönheit in einer lebensfeindlichen Umwelt.

Schillernde Feinheiten

Manchmal scheint Ospalds Musik die Lavamassen und schroffen Felsstürze zu beschwören, die ganze Generationen unter sich verschüttet haben. Dann wieder erinnert sie in ihrer sphärischen Zartheit frappierend an den späten Luigi Nono. Hier offenbart sich ein handwerklich reifer Komponist, der über den großen Orchesterapparat ebenso souverän verfügt wie über die schillernden Feinheiten der Live-Elektronik. Es ist aber nicht nur die Schönheit dieser Klänge, die besticht, sondern auch Klaus Ospalds Fähigkeit, die poetische Vorlage zu verwandeln in völlig autonome musikalische Prozesse. Bislang hat der knapp 60-jährige, marketingscheue Komponist fast im Verborgenen gearbeitet. Die CD könnte helfen, einen Künstler zu entdecken, der wirklich etwas zu sagen hat – bei dem im Werden und Vergehen der Töne letztlich auch etwas vom Werden und Vergehen des Lebens erfahrbar wird.

Klaus Ospald: Aus dem Leopardi-Zyklus

"Così, dell'uomo ignara ..." für Kammerensemble und Live-Elektronik
"Sovente in queste rive ..." für großes Orchester
"Sopra un basso rilievo antico sepolcrale ..." für gemischten Chor, Basstuba, vier Schlagzeuger und Live-Elektronik

Collegium Novum Zürich
WDR Sinfonieorchester Köln
WDR Rundfunkchor Köln
Schlagquartett Köln
Hans Nickel (Basstuba)
Dirigenten: Peter Hirsch, Rupert Huber

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