Wenn er spielte, schien die Zeit stehenzubleiben. Melodien in ganz zarter Erstarrung. Kein Einfrieren, sondern ein Innehalten in Schönheit. Der 2015 in New York verstorbene und aus Japan stammende Pianist Masabumi Kikuchi war ein auf besonders leise Art radikaler Musiker: ein Meister des Weglassens, der Luft um die Töne herum.
Bildquelle: ECM
CD-Tipp 13.06.2016
Der CD-Tipp zum Nachhören!
Ein Evergreen wie der Bossa-Nova-Standard "Manha de Carnaval", Karnevalsmorgen, auch bekannt als "Black Orpheus", wurde bei ihm zu einer filigranen Klangskulptur, die ganz viel Raum um sich hatte – und auf völlig eigene Art leuchtete. In feinem Licht, bei besonderer Ruhe.
So etwas könnte schiefgehen. Und ganz harmlos wirken. Doch dieser Pianist war nicht soft, sondern mit sparsamen Tönen beinahe dramatisch – und konnte weite Horizonte öffnen, Assoziationen wecken an ganz andere Musikwelten. Kikuchis Musik war kompromisslos: konsequente Entertainment-Verweigerung. Töne, die sich dem Nebenher-Plätschern sperrten.
Ausdrucks-Kraft in Zeitlupe. Und ohnegleichen in der Welt des frei improvisierten Jazz. 2012 entstanden diese Live-Aufnahmen in der Bunka-Kaikan-Konzerthalle in Tokyo. Ein wundervoller Nachlass eines Musikers, den man auch aus vorzüglichen Trio-Aufnahmen mit den großen Kollegen Gary Peacock und Paul Motian kannte. Sein Solo-Konzert: magisch. Und selten hat ein Jazzmusiker ein anmutigeres Stück gespielt als Kikuchi in seiner Hommage an seine Tochter, der Zugabe aus einem bezwingenden Klavierabend voller leiser Unalltäglichkeit.
Masabumi Kikuchi (Klavier)
Label: ECM