Von Max Bruch kennt man die Violinkonzerte und vielleicht noch Symphonien oder Chorwerke. Weniger bekannt und nur selten aufgeführt ist dagegen sein kammermusikalisches Schaffen, dem er sich besonders in seiner Jugendzeit und seinen letzten Lebensjahren widmete. Mit 80 Jahren komponierte Bruch noch zwei Streichquintette sowie ein Streichoktett.
Bildquelle: Hyperion
Der CD-Tipp zum Anhören
1918, das letzte Jahr des ersten Weltkriegs, war auch für Max Bruch persönlich ein wechselvolles. Zwar konnte er im Januar seinen 80. Geburtstag feiern und wurde mit offiziellen Ehrungen überhäuft, auf der anderen Seite litt er ebenso wie seine Frau Clara an zunehmend schlechter werdender Gesundheit. Trotzdem komponierte er in diesem Jahr seine beiden Streichquintette in a-Moll und in Es-Dur. Während das Es-Dur-Quintett reizvoll zwischen liedhaften und leidenschaftlichen Gesten changiert, bewegt sich das a-Moll-Quintett vorwiegend zwischen lyrischen und tragischen Tonfällen. Der dritte Satz dieses Quintetts, ein Adagio, verarbeitet eine traumverloren schöne Gesangsmelodie, die Bruch bereits in früheren Orchesterwerken verwendete und die das traumwandlerisch aufeinander abgestimmte Nash Ensemble mit empathischer Innigkeit aufblühen lässt.
1919 starb Clara Bruch und Max überlebte sie nur um ein Jahr. Noch einige Monate vor seinem Tod arbeitete der Komponist sein ursprüngliches Streichquintett in B-Dur zum Streichoktett für vier Violinen, zwei Bratschen, Cello und Kontrabass um. Das abschließende "Allegro molto" hat einen beschwingt scherzoartigen Charakter und scheint weniger Abschiedsstimmungen auszudrücken als die Hoffnung auf bessere Zeiten. Auch in diesem komplex gewebten Streichoktett überzeugt das Nash Ensemble durch eine atmosphärisch dichte Gestaltung bei gleichzeitig analytisch klarer Zeichnung der Strukturen. Fazit: späte Kammermusik von Max Bruch, deren Entdeckung sich lohnt, in einer durchweg hörenswerten Interpretation.
Streichquintett Es-Dur op. posth
Streichquintett a-Moll op. posth
Streichoktett B-Dur op. posth.
The Nash Ensemble
Label: Hyperion
Sendung: "Leporello" am 29. Juni 2017, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK