BR-KLASSIK

Eine mythische und eine keltische Aura umgibt den Dichter Ossian, den Homer des Nordens. In den Reihen der Opernfabrikanten des französischen Empire, die sich durch Gedichte Ossians inspiriert fühlten, war Étienne-Nicolas Méhul. Ihm bastelte ein gewisser Graf von Saint-Victor die skizzierte Dreiecksgeschichte aus dem schottischen Hochland librettistisch zusammen - den Einakter "Uthal".

Die Handlung der Oper: Uthal vertreibt seinen Schwiegervater, den Herrscher Larmor, aus dessen eigenem Land. Er sei zu alt zum Regieren. Tochter Malvina ist hin- und hergerissen zwischen ihrem Vater und ihrem Ehemann Uthal. Vergeblich versucht sie eine Schlacht zwischen beiden zu verhindern. Dem besiegten Uthal droht die Verbannung. Malvina will ihm folgen. Bewegt von dieser Geste der Liebe, gesteht Uthal seine Schuld, und Larmor verzeiht.

Keine Violinen, keine Frauen im Chor

Der Clou an der Vertonung ist die Orchesterbesetzung: Keine einzige Violine sitzt im Graben! Mit diesem simplen Trick spiegelt Méhul die Dunkelheit des Bühnengeschehens klangfarblich. Zudem gibt es im Chor nur Männer, keine Frauen. Mehrteilige, bisweilen dramatisch gesteigerte Szenenkomplexe zeigen den Ehrgeiz Méhuls – und der Dirigent Christophe Rousset stellt sie genauso angemessen in den Fokus wie diverse Geniestreiche der Partitur.

Eine willkommene Rarität

Eine Ouvertüre durch weibliche Klagerufe unterbrechen zu lassen - welche Wirkung hat das nur! Auch der harmonische Eigensinn Méhuls, neben instrumentatorischen Effekten wie Tamtamschlägen, wird von den Talens Lyriques mit großen Ausrufezeichen versehen. Immer wieder reißt einen der orchestrale Furor der Truppe vom Hocker. Sängerisch bewegen sich die Interpreten der Hauptrollen (Karine Deshayes, Yann Beuron und Jean-Sébastien Bou) auf hohem Niveau. Insgesamt wieder einmal eine willkommene Rarität, initiiert vom ungebrochen entdeckungsfreudigen Palazzetto Bru Zane aus Venedig!