Hätte Alfred Hitchcock 1846 schon gelebt, er wäre begeistert gewesen. Felix Mendelssohn Bartholdys "Elias" ist ein Drama voller Konflikte und Spannungen; unmittelbar, packend, beklemmend. Die Alte-Testament-Geschichte um den Propheten Elias: ein Musik-Krimi.
Bildquelle: deutsche harmonia mundi
CD-Tipp 21.12.2016
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Eigentlich ist Mendelssohns "Elias" ein Oratorium für Solisten, Chor und Orchester, aber in diesem Fall täuscht der Titel ordentlich über den Inhalt hinweg. Mendelssohn wollte mehr als beschauliche Töne und setzte beim Komponieren ganz bewusst auf die Schroffheit und Härte des Bibelstoffs: "Bei einem solchen Gegenstande wie Elias muss das Dramatische vorwalten, die Leute müssen lebendig redend und handelnd eingeführt werden", erklärt er seinem Librettisten und nimmt das Textbuch um der Spannung willen dann schließlich selbst in die Hand. Die Geschichte ist schnell erzählt: Elias trifft mit Gottes Botschaft auf das heidnische Volk. Viele Götter gegen einen Gott. Episoden aus Elias' Wirken inklusive Verfolgung und Dürrekatastrophe. Natürlich mit der Botschaft des christlichen Schöpfers am Ende.
"Die letzte Note des Elias ging im anhaltenden und ohrenbetäubenden Beifallssturm unter. Nie zuvor hatte es einen so vollständigen Erfolg gegeben - nie eine umfassendere und unmittelbarere Anerkennung eines Kunstwerks", hieß es in der "New York Times" zur Uraufführung des "Elias".
Was es für das Werk braucht? Ein Spitzen-Vokalensemble wie den Balthasar-Neumann-Chor, der beides kann: stimmliche Homogenität und vokale Fülle erzeugen, wenn das Volk geradezu verzweifelt nach seinen Göttern ruft. Und der mit Einzelstimmen glänzt, wenn Doppel-Quartette und kleine Soli gefragt sind. Außerdem: Solisten wie Genia Kühmeier, Ann Hallenberg und Michael Nagy als Elias, die sowohl im dramatischen Wettstreit brillieren als auch die Ruhe und Erhabenheit der spirituellen Momente adeln. Drittens eine Instrumental-Truppe wie das Balthasar-Neumann-Ensemble, das die Spritzigkeit und Wendigkeit dieser packenden Erzählung blitzschnell und präzise umsetzen kann und sich trotzdem nicht vor die Sänger platziert.
Thomas Hengelbrock hat bei all dem die musikalischen Fäden in der Hand und dürfte wohl alle, seine Musiker, und auch die Hörer, mit seiner künstlerischen Idee überzeugen. Spannung und Seelenruhe, Konflikt und Gelassenheit - alles ist drin in diesem "Elias", und fügt sich so selbstverständlich, dass man nicht lassen kann von dieser Aufnahme.
Genia Kühmeier (Sopran)
Ann Hallenberg (Alt)
Lothar Odinius (Tenor)
Michael Nagy (Bariton)
Balthasar-Neumann-Chor & -Ensemble
Leitung: Thomas Hengelbrock
Label: deutsche harmonia mundi