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CD - Minetti Quartett Streichquartette von Schubert und Mendelssohn

Gelernt haben die vier Österreicher ihr Handwerk beim Alban Berg Quartett. Längst gilt das Minetti-Quartett selbst als eines der besten der internationalen Streichquartett-Szene. Drei von vieren spielen auf alten Instrumenten, der Bratscher des Ensembles vertraut auf einen Viola-Neubau von 2009. So aufgeschlossen sie in Instrumentalfragen sind, so neugierig ist das Minetti-Quartett auch spielerisch. Zum Jubiläum – 15 Jahre spielen sie jetzt zusammen – haben die Vier nun eine CD veröffentlicht, die man durchaus als ein musikalisches Bekenntnis hören kann.

Bildquelle: Hänssler Classic

Der CD-Tipp zum Anhören

Die lichte Sommernachtstraum-Stimmung ist gekippt, die Elfen und Feen haben sich gegen ihren Schöpfer gewandt. Das Irrlichtern, das Flackern hat nichts Fantastisches mehr. Die Unruhe in Felix Mendelssohn Bartholdys Streichquartett f-Moll op. 80 kommt direkt aus der bedrängten Seele; ist real, greifbar und schmerzlich. Fahl wie das versiegende Leben klingt es stellenweise, dann wieder bäumt sich alles auf gegen das Unausweichliche. Viel Schmerz, viel Herzstolpern und Trauer sind drin, in dem Stück, das Mendelssohn 1847 nach dem Tod seiner über alles geliebten Schwester Fanny komponiert hat: "An Musik habe ich noch nicht wieder denken können, es ist mir ganz wüst und leer", schreibt er erst und komponiert dann doch – unausgesprochen – dieses Streichquartett-Vermächtnis. Dieses Stück, das mehr ein aufgewühltes Gefühlsbarometer des Hinterbliebenen ist…

Zeugnis menschlicher Gefühlsnot

Auf die abgeschatteten Zwischentöne kommt es an, in Mendelssohns letztem Quartett f-Moll, auf die rastlose Atmosphäre, auf das jähe Aufbäumen und das mutlose "Wieder-in-sich-Zerfallen". All diese Nuancen kitzelt das österreichische Minetti-Quartett überaus greifbar und lebendig aus der Partitur heraus und liefert in seiner neuen Einspielung damit ein beeindruckendes, anrührendes, sogar mitreißendes Zeugnis menschlicher Gefühlsnot.

Zart, filigran, verheißungsvoll

Der Tod steht auch beim zweiten Quartett der neuen Minetti-Einspielung Pate: Schuberts berühmtes Quartett Nr. 14 d-Moll, "Der Tod und das Mädchen" ergänzt den Mendelssohn-Schwanengesang ideal. Zart, filigran, fast verheißungsvoll begegnen sie sich hier – die Jugend in ihrer Blüte und der "wilde Knochenmann". Auch das eine jenseitige, surreale, überirdische Atmosphäre; diesmal aber durchaus licht, hell, hoffnungsfroh. Das Minetti-Quartett schwebt scheinbar mühelos und erlöst über den Dingen.

Eindrucksvolles Jubiläums-Album

Fünfzehn Jahre spielt das österreichische Minetti-Quartett jetzt zusammen und hat sich quasi selbst beschenkt mit dieser Jubiläums-CD: zwei gewichtige Werke der Streichquartett-Literatur, echte Brocken, technisch und musikalisch. Man muss gereift sein und zusammen gewachsen, gefestigt, als Ensemble, um sie aussagekräftig darbieten zu können. Ohne Extra-Geste, ohne eitle Öffentlichkeitsschau gehen die vier Österreicher beide Stücke an und finden dadurch sofort zum Wesentlichen: wie nah doch Leben und Tod beieinander liegen, wie verstrickt sie sind und untrennbar, und wie tröstlich dabei die Musik sein kann, die gerade noch im schwärzesten Abgrund war. Ein eindrucksvolles Jubiläums-Album, auf dem die leisen Töne die wichtigen sind.

Das Minetti Quartett spielt Schubert und Mendelssohn

Felix Mendelssohn Bartholdy:
Streichquartett Nr. 6 f-Moll op. 80
Franz Schubert:
Streichquartett Nr. 14 d-Moll, D. 810 "Der Tod und das Mädchen"

Minetti Quartett

Label: Hänssler Classic

Sendung: "Leporello" am 07. Juni 2018, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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