Tom Holloway, australischer Dramatiker und Librettist zeitgenössischer Opern, findet, Kunst brauche überhaupt keine Regeln, oder ganz viele, er vergesse das immer wieder. Seine Landsfrau, die Geigerin Miranda Cuckson, dürfte das ähnlich sehen. Wenn sie die Violine auspackt, dann gerne mal für moderne Werke, deren Genre-Grenzen zumindest diffus sind, und in denen neben klassischem Instrumentarium auch Gebrauchsgegenstände wie Toilettenpapier zum akustischen Arsenal gehören.
Bildquelle: ECM
CD-Tipp 25.04.2016
Der CD-Tipp zum Nachhören!
Wenn andere Geiger mit einem Plattenlabel eine Debüt-CD veröffentlichen, dann sind sperrige Kammermusikwerke von modernen Komponisten wie Alfred Schnittke, Bela Bartok oder Witold Lutosławski eher ein mutiges Programm. Für Miranda Cuckson und Manfred Eicher vom Münchner Label ECM sind die Violinsonaten der genannten 20. Jahrhundert-Meister vermutlich genau das Gegenteil: gerade so wenig konventionell, so wenig angepasst, so wenig abgespielt, dass sich damit künstlerisch noch gut eigene Wege gehen lassen. Keine Regeln also eher, als zu viele…
Normalerweise spielt Miranda Cuckson, in Amerika aufgewachsen und ausgebildet, mit ihrem Duopartner Blair Mc Millen Musik von Künstlern wie Luigi Nono; mit ihrer aktuellen ECM-CD besinnt sie sich ihrer Kindheit. Die slawischen, dunklen, mal melancholischen, mal ruppigen Klänge von Bartok, Schnittke und Lutosławski haben sie schon als Elfjährige fasziniert und waren Inspiration für die junge Musikerin, weiter zu üben und sich den kompositorischen Kosmos der modernen Klassik zu erschließen. Wenn man sie jetzt damit hört, transportiert sich sofort, dass Miranda Cuckson in diesen Klangwelten zu Hause ist, geigerisch, spieltechnisch und gestalterisch. Sie lädt nichts künstlich auf, wo nichts ist. Sie fühlt sich wohl, in den reduzierten, abgehackten, manchmal verstörend minimalistischen, mitunter aggressiven, mitunter zärtlichen, auch humorvollen Fetzen und Phrasen. Eine wunderbar unprätenziöse, schnörkellose Interpretation, bei der die Duo-Partner fast komplett hinter die Werke zurücktreten, und die genau deshalb so von ihnen und durch sie lebt. Keine einfache Musik, aber gefühlvolle, bewegende.
Béla Bartók:
Violinsonate Nr. 2
Alfred Schnittke:
Violinsonate Nr. 2 "Quasi una Sonata"
Witold Lutosławski:
Partita für Violine und Klavier
Miranda Cuckson (Violine)
Blair McMillen (Klavier)
Label: ECM New Series