Wirklich schöne Aufnahmen der Violinsonaten von Wolfgang Amadeus Mozart sind gar nicht so häufig. Stilistische Extravaganzen oder Manierismen nehmen sie sehr schnell übel. Und als großer Virtuose kann man sich mit ihnen kaum profilieren.
Bildquelle: Claves
CD-Tipp 24.01.2017
Der CD-Tipp zum Anhören
Wer sich als Geiger nämlich für wichtiger hält als den Klavierpartner, kann eigentlich gleich nach anderer Literatur suchen. Sonaten für Klavier und Violine nannte Mozart sie, nicht umgekehrt. Sie leben vom gegenseitigen Respekt der Interpreten, sind Dialoge auf Augenhöhe. Gelingt das, dann allerdings entfalten sie, wie so oft bei Mozart, eine unglaubliche Schönheit, versprühen extreme Lebensfreude oder singen von tiefer Einsamkeit und Trauer.
Der schottische Pianist Alasdair Beatson und die Schweizerin Esther Hoppe arbeiten seit längerem an einer Aufnahme von Mozart-Sonaten, die sie durch zentrale Werke des 20. Jahrhunderts ergänzen. 2014 erschien eine exzellente CD, auf der die beiden zwei Mozart-Werke mit Strawinskys Divertimento für Violine und Klavier koppelten, jetzt folgen die Sonaten KV 301, 304 und 378 gemeinsam mit der Violinsonate von Francis Poulenc. Wie schon seinerzeit macht ihr Mozart einfach nur Freude. Unglaublich differenziert arbeiten Hoppe und Alasdair die Feinheiten der G-Dur- und der e-Moll Sonate heraus, beide aus dem Jahr 1778, doch völlig unterschiedlich im Charakter. Fantastisch lebendig und musikantisch wirkt die G-Dur-Sonate, während die dunklen, fast schon unheimlichen Regionen der e-Moll-Sonate ins Dämmerlicht expressiver Dramatik und fahler Melancholie getaucht werden. Das überzeugt umso mehr, als Alasdair und Hoppe die heiklen stilistischen Grenzen dieser Musik niemals sprengen oder Details überzeichnen.
Vor zehn Jahren, im September 2007, gewann sie mit ihrem Klaviertrio, dem Tecchler-Trio, beim Internationalen Musikwettbewerb der ARD den 1. Preis. Das Tecchler-Trio ist inzwischen leider Geschichte, aber Karriere hat die Geigerin Esther Hoppe auch solistisch gemacht. Jahrelang war sie Konzertmeisterin des Münchener Kammerorchesters, seit 2013 ist sie Professorin am Mozarteum in Salzburg.
Dieser e-Moll-Sonate Mozarts die wunderbare Violinsonate Francis Poulencs aus den 1940er Jahren folgen zu lassen, ergibt Sinn: Mozart dürfte für den 1963 gestorbenen Franzosen das Vorbild schlechthin gewesen sein. Der langsame Satz seiner Violinsonate scheint die mozartsche Melancholie aufzugreifen, und überhaupt ist der Poulenc dieser Zeit nicht mehr der jugendliche Großstadt-Bohemien der Pariser Salons, sondern schon der von tiefen Ängsten geplagte Mystiker der letzten Jahre. Hoppe und Alasdair lassen der viel zu selten gespielten Violinsonate absolute Gerechtigkeit widerfahren - ein bestens aufeinander eingehendes, eingespieltes und wirklich miteinander musizierendes Duo, das Kammermusik im besten Sinne macht. Auf die Fortsetzung der Reihe darf man sich freuen: wegen Mozart, aber genauso wegen der ihm gegenübergestellten Musik des 20. Jahrhunderts.
Wolfgang Amadeus Mozart:
Sonate für Klavier und Violine G-Dur, KV 301
Sonate für Klavier und Violine e-Moll, KV 304
Sonate für Klavier und Violine B-Dur, KV 378
Francis Poulenc:
Sonate für Violine und Klavier
Esther Hoppe (Violine)
Alasdair Beatson (Klavier)
Label: Claves