BR-KLASSIK

Wenn man Dankbarkeit hören könnte, Zärtlichkeit und Gelassenheit – so wie auf dieser Aufnahme könnten sie klingen. Mozarts Klaviersonaten, 18 Stück an der Zahl, auf CD aufzunehmen, ist selbst für robuste Pianisten ein staatliches Unterfangen. Damit im Alter von 91 Jahren zu beginnen, ist verrückt.

Menahem Pressler ist im besten Sinn genau das: ver-rückt. Und fragt sich selbst im Booklet des ersten Albums: "Werde ich dazu in der Lage sein? Habe ich recht damit?" Die Antwort liefert er gleich mit: "Wenn ich Klavier spiele, fühle ich mich wie 50, wenn ich unterrichte wie 40. Nur wenn ich Treppen steige, merke ich das Alter."
Tatort ist der Musiksaal des Pariser Konservatoriums: Menahem Pressler saß dort im September 2014 am Steinway, 2 Tonmeister-Studenten sind seine Ingenieure (beide um die 70 Jahre jünger als er). Ein Generationen-Projekt, diese Mozartsonaten.

85 Jahre Mozart-Erfahrung

Pressler hat sich für die erste CD die beiden späten Sonaten und die A-Dur-Sonate KV 331 mit dem "Alla turca"-Finale ausgesucht. 85 Jahre lang begleitet sie ihn schon, jetzt wird der gemeinsame Weg erstmals öffentlich. Pressler streichelt die Töne, liebkost sie, wie die ersten Knospen im Frühling, hat ein Ohr für jede Note, ohne den großen Bogen aus den Augen zu verlieren. Pressler zaubert in Sekundenbruchteilen neue Stimmungen und spielt Mozart, als sei das seine Muttersprache. Er selbst nennt sie schlicht: "die Mozartsprache".

Überirdisch schön, gelassen und mild

Keine Bravour, kein Auftrumpfen, kein Herausstellen von Technik – das wäre mit 91 vermessen und war Menahem Pressler auch in früheren Jahren nicht wichtig. Hier spielt einer abgeklärt und innig, überirdisch schön, gelassen und mild, wie aus der Vogelperspektive. Wenn uns der liebe Gott Mozart für die Musik geschickt hat, dann hat er Menahem Pressler geschickt, um sie zu spielen.