Herbert Blomstedt ist ein Phänomen: Im Juli ist er 91 geworden – und damit wohl der älteste aktive Dirigent weltweit! Auch das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks profitiert regelmäßig von seiner ansteckenden Musizierfreude, seinem Elan und seiner Erfahrung. Mit Vorliebe arbeitet sich Blomstedt an den Schwergewichten des Repertoires ab. Jetzt sind die letzten beiden Mozart-Symphonien mit dem BR-Symphonieorchester auf CD erschienen; die Konzertmitschnitte entstanden 2013 und 2017 im Herkulessaal der Münchner Residenz.
Bildquelle: BR-KLASSIK
Der CD-Tipp zum Anhören
Ohrwürmer wie der Beginn der großen g-Moll-Symphonie von Mozart kommen bei Herbert Blomstedt ganz unspektakulär daher. Mit schöner Selbstverständlichkeit nimmt er diesen berühmten Anfang – so als könne es gar nicht anders sein. Und doch wird sofort die Resignation spürbar, die dieses Ausnahmewerk überschattet. Mit schlichtem Tonfall und vibratolosem Spiel setzen die Holzbläser und Streicher des Symphonieorchesters diesen schlanken Ansatz im fließenden Andante fort. Umso stärker wirken bei Blomstedt die dramatischen Momente.
Energie und Entschiedenheit
Zügig geht Blomstedt auch das Finale an, voller Energie und Entschiedenheit. Im dichten Motivgeflecht von Mozarts großer g-Moll-Symphonie schafft er jederzeit Klarheit, lässt alle Stimmen zu ihrem Recht kommen. Ohne Taktstock formt Blomstedt den Klang mit bloßen Händen – enorm frisch wirkt das Ergebnis.
Avantgarde des 18. Jahrhunderts
In der "Jupiter"-Symphonie sprengt Mozart alle bisherigen Maßstäbe, lotet alle menschlichen Emotionen aus, vereint zuletzt alle Gegensätze. Blomstedt kitzelt das opernhafte Brio in Mozarts Welttheater pulsierend heraus, aber immer markant auf den Punkt und genau im Detail. Alles steuert in diesem Werk auf das Finale zu, mit dem Mozart seine Symphonik abschließt und krönt. Kühn schichtet er am Ende alle Themen fugenartig übereinander – und Blomstedt konfrontiert uns mit der verzerrten Harmonik, als sei's Avantgarde. Zu Mozarts Zeit war es das auch.
Jugendlicher Schwung
Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks lässt sich gern vom jugendlichen Schwung des Altmeisters Herbert Blomstedt animieren. Mozarts Musik stellt er schnörkellos in den Raum, ohne ihr etwas überzustülpen. Blomstedt kommt ohne Extreme aus und zeigt, dass es sehr wohl einen Mittelweg gibt zwischen traditionellem Schönklang und historischer Aufführungspraxis: Das ist Mozart für unsere Zeit.
Wolfgang Amadeus Mozart:
Symphonie Nr. 40 g-Moll KV 550
Symphonie Nr. 41 C-Dur KV 551 "Jupiter"
Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks
Leitung: Herbert Blomstedt
Label: BR-KLASSIK
Sendung: "Leporello" am 28. September 2018, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK