Isabelle Faust gehört zu den großen Geigerinnen der Gegenwart. Jeder sie im Konzertsaal erlebt hat, wird das bestätigen, doch auch über ihre mittlerweile umfangreiche Diskographie vermittelt sich die Faszination, die von dieser wunderbaren Künstlerin ausgeht, bestens. Nun hat sie die Violinkonzerte Wolfgang Amadeus Mozarts aufgenommen, vor denen sie größten Respekt hat: Mozart sei mit das Schwerste überhaupt.
Bildquelle: Harmonia Mundi
CD Tipp 11.11.2016
Isabelle Faust spielt Mozart
Manchmal ist man versucht, sich die Solovioline eine Spur mehr im Vordergrund zu wünschen, eine Idee dominanter, solistischer. Sehr schlank klingt das alles, extrem unaufdringlich, ganz so als wolle Isabelle Faust mit jedem einzelnen Ton sagen, sie sei hier nicht das Thema, um sie, um diese in Wahrheit so großartige Geigerin gehe es hier allenfalls am Rande. Noch die zahlreichen Momente funkelnder virtuoser Eloquenz haben etwas nahezu Nebensächliches. Das klingt auf den ersten Blick fast ein wenig nach künstlerischer Selbstverleugnung und übergroßem Respekt vor den Noten. Doch schon nach wenigen Takten begreift man, dass sie im wahrsten Sinne des Wortes den Ton trifft, diese fast keusche Bescheidenheit, mit der Isabelle Faust ins klangliche Kollektiv zurücktritt und lediglich Primus inter Pares sein möchte.
Nicht nur das extrem sparsame Vibrato verleiht ihrem Ton etwas Zerbrechliches, es ist auch der Mut, mit dem Isabelle Faust musikalische Phrasen aus dem Nichts entwickelt und wieder verschwinden lässt, wie sie Spannungsbögen am Rand des Zerbröselns aufrecht erhält, wie sie dynamische Extreme riskiert, so, dass der Solopart fast im Orchester zu verschwinden droht. Gleichzeitig ist diese wunderbare Künstlerin hörbar ganz bei sich. Ihr Spiel hat etwas Selbstversunkenes, und ist doch immer ganz nah dran am, oder besser wohl mitten im Musizieren der von Giovanni Antonini befeuerten Kollegen des italienischen Originalklangensembles Il Giardino Armonico. So entsteht eine Mozart-Deutung aus einem Guss, Resultat eines ganz offensichtlich tiefen wechselseitigen Respekts, ja einer wohl symbiotischen Beziehung.
Das alles könnte ein wenig am Rande des Manierismus balancieren, wären da nicht Isabelle Fausts wunderbar selbstverständliche Musikalität, ihr Reflexionsniveau und die Konsequenz, mit der sie vor allem um Mozart und nicht um sich selbst kreist. Bis in die ausladenden, aber immer intelligenten und schönen Kadenzen hinein, die ihr der Cembalo-Kollege Andreas Staier auf den Leib geschrieben hat, sollte man ihr intensiv zuhören. Der Mozart, der da im Zusammenwirken von Isabelle Faust und Giovanni Antonini und seinem Giardino Armonico entstanden ist, ist nichts für den Hintergrund. Dafür ist diese Einspielung wirklich zu kostbar.
Wolfgang Amadeus Mozart:
Konzerte für Violine und Orchester Nr. 1-5
Isabelle Faust (Violine)
Il Giardino Armonico
Leitung: Giovanni Antonini
Label: Harmonia Mundi