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CD - Nicholas Angelich "Dedication"

Der Titel: wahlweise leicht geschmäcklerisch oder nichtssagend. Ein Klavier-Album scheint heute einen solchen Titel zu benötigen, also: Dedication, Widmung. Nun gut: Franz Liszt widmete Robert Schumann seine berühmte h-moll-Sonate, Schumann widmete Frédéric Chopin seine Kreisleriana, Chopin widmete Liszt seine Etüden op.10. Alle drei schätzten die Musik der jeweils anderen, wenn auch in unterschiedlicher Intensität.

Bildquelle: Erato / Warner Classics

CD-Tipp 16.07.2016

Der CD-Tipp zum Nachhören!

Soweit, so wenig hilfreich. Immerhin lässt sich daraus ein Programm stricken, auch wenn von einem dieser Widmungs-Werke, den 24 Chopin-Etüden, leider nur noch zwei auf die damit randvolle CD passen. Das beeinträchtigt das Widmungs-Konzept ein wenig, ist aber vor allem deshalb schade, weil man von Nicholas Angelich gerne noch sehr viel mehr hören würde als die knapp 79 Minuten Musik, die er auf dieser CD unterbringt - gerne auch den ganzen Zyklus der Chopin-Etüden. Denn diese CD gehört zum Besten, was in letzter Zeit pianistisch zu erleben war.

Ohne knallige Effekte

Liszts Sonate in h-Moll ist ein Koloss. Leider wird sie häufig als bloßes Virtuosenfutter missverstanden und entsprechend heruntergedonnert, nur selten wirklich intellektuell durchdrungen und musikalisch gestaltet. Angelich verfügt mühelos über das technische Handwerk, nur hat er es nicht nötig, das ständig penetrant zur Schau zu stellen. Der vordergründige Rausch der Geschwindigkeit interessiert ihn ebenso wenig wie knallige Effekte und glitzernde Brillanz. Seine Einspielung gehört zu den fünf langsamsten der höchst umfangreichen Diskographie, Angelich nimmt sich Zeit. Was nicht bedeutet, dass er generell ein langsames Tempo anschlüge, wohl aber, dass er das Tempo immer wieder zurücknimmt und durchatmet, sich große Freiheiten nimmt, Ruheinseln schafft, Mittel- und Nebenstimmen hervor holt, der unglaublichen Poesie, die diese Sonate verströmen kann, Raum gibt.

Zerrissenes Meisterwerk

Das gilt nicht weniger für die von E.T.A.Hoffmanns romantischer Fantasiewelt inspirierte "Kreisleriana" von Robert Schumann. Der Zyklus ist ein zerrissenes Meisterwerk voller Stimmungsumschwünge und Brüche. Angelich kostet das weidlich aus, riskiert viel, geht an Grenzen, bringt manchmal fast die Zeit zum Stillstand. Abgesehen von Valery Affanassiews extremer, freilich schon zur Exzentrik neigender Deutung nimmt sich keine zweite Einspielung so viel Zeit für die "Kreisleriana". Und doch geht ihr der große Atem nie verloren, verliert sich Angelich nie manieristisch in bröselnde Details, behält er den alles überwölbenden Bogen stets im Auge. Ein ebenso ruhiger wie rasanter Balanceakt, unglaublich frei und doch überragend kontrolliert gestaltet.

In Gottes Namen dem Hörer gewidmet

Und ja, dann sind da noch die beiden Chopin-Etüden, leider nur zwei von 24. Die übrigen mögen bald folgen, gerne auf einer CD ganz ohne Konzept, wenn sie so gespielt werden. Dedication, in Gottes Namen dem Hörer gewidmet, ist jedenfalls die große CD eines großen Pianisten.

Nicholas Angelich - "Dedication"

Franz Liszt:
Sonate h-Moll
Robert Schumann:
"Kreisleriana", op. 16
Frédéric Chopin:
Etüden op. 10 Nr .10 und 12

Nicholas Angelich (Klavier)
Label: Erato

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