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CD - Nicòla Porpora "Germanico in Germania"

Er ist Österreicher und jugoslawischer Abstammung: Max Emanuel Cencic gehört heute zu den meistbeschäftigten Countertenören, stand schon oft im Mittelpunkt von Opernaufnahmen: bei Händels "Ottone", "Arminio" oder "Alessandro" zum Beispiel. Diesmal ist seine Wahl auf "Germanico in Germania" gefallen, eine Oper von Nicòla Porpora, dessen Tod heuer 250 Jahre zurückliegt. Die aus Krakau kommende Ersteinspielung weist mit der russischen Sopranistin Julia Lezhneva einen weiteren Top-Star der aktuellen Gesangsszene auf.

Bildquelle: Decca

Der CD-Tipp zum Anhören

Nicòla Porpora war acht Jahre jünger als Vivaldi. Manches Stück seiner Oper "Germanico in Germania" stürmt derart ungestüm voran, dass man meint, Porpora wolle den Altersunterschied zu seinem prominenten Landsmann und Zunftgenossen wettmachen, seinen Vorsprung aufholen. Countertenor Max Emanuel Cencic scheint sich diesmal besonders wohl zu fühlen im Gewand einer barocken Titelpartie. Was man der menschlichen Stimme abverlangen kann, wusste Porpora nun mal nicht nur aus der Praxis des Komponistenhandwerks, sondern auch und gerade in seiner Eigenschaft als Gesangslehrer. Zu seinen Schülern gehörten einst die legendären Kastraten Farinelli und Caffarelli.

Ornamentik und Verzierungen

Als Frau wäre Julia Lezhneva auf dem Besetzungszettel der Uraufführung 1732 in Rom schlicht undenkbar gewesen. Denn damals durften vor Ort nur Männer eine Bühne betreten – unter dem gestrengen Auge des päpstlichen Gesetzes. Dennoch ließ Porpora sich für seine weiblichen Heldinnen, etwa Ersinda, genauso viel Ornamentik und Verzierungen einfallen wie für die männlichen Kollegen, etwa Arminio.

Weit gespanntes Gefühlsspektrum

Mezzosopranistin Mary-Ellen Nesi mimt den germanischen Stammesfürsten Arminio, der hier für stolzes Muskelspiel sorgt: als Widersacher des römischen Feldherrn Germanico. Librettist Niccolò Coluzzi entfaltet im Text ein weit gespanntes Gefühlsspektrum als Steilvorlage für den Tonsetzer – eben Porpora. Am Ende versöhnen sich die Völker von Rhein und Tiber. Bis die nächste Schlacht am Horizont heraufzieht.

Der Drive des Musizierens

Durchweg positiv profilieren sich die gut 25 Musiker des polnischen Ensembles Capella Cracoviensis. Auch wenn Dirigent Jan Tomasz Adamus nicht jede intonatorische Sorglosigkeit korrigiert: Der Drive des Musizierens ist wirklich enorm! Und darauf kommt es hier letztlich an. Barockoper bietet auch und gerade heutzutage Identifikationsflächen, weil der vielfach rasende Grundpuls der Musik einen großen Wiedererkennungseffekt birgt – für das schnelllebige 21. Jahrhundert!

Nicòla Porpora: "Germanico in Germania"

Max Emanuel Cencic, Countertenor - Germanico
Julia Lezhneva, Sopran - Ersinda
Juan Sancho, Tenor - Segeste
Mary-Ellen Nesi, Mezzosopran - Arminio
Dilyara Idrisova, Sopran Rosmonda
Hasnaa Bennani, Sopran - Cecina

Capella Cracoviensis
Leitung: Jan Tomasz Adamus

Label: Decca

Sendung: "Leporello" am 22. Februar 2018, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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