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CD - Carl Nielsen Symphonien Nr. 1 und 3

Der Finne Jean Sibelius, der Däne Carl Nielsen, der Franzose Paul Dukas und der Russe Alexander Glasunow – sie alle wurden 1865, also vor 150 Jahren geboren. Und man kann nur hoffen, heuer mehr von diesen bei uns noch immer vernachlässigten Komponisten zu hören. Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks geht schon mal mit gutem Beispiel voran: Kürzlich dirigierte Esa-Pekka Salonen die Fünfte Symphonie von Sibelius, im Juni folgt Herbert Blomstedt mit der Fünften von Nielsen.

Bildquelle: BIS

CD-Tipp 27.01.2015

Der CD-Tipp zum Nachhören!

Apropos Nielsen: 2014 legte der finnische Dirigent Sakari Oramo, Chef des Royal Stockholm Philharmonic Orchestra, die Vierte und Fünfte Symphonie beim schwedischen Label BIS vor. Jetzt, zum Nielsen-Jubiläum, sind dort mit denselben Interpreten zwei weitere Symphonien erschienen - die erste und die Dritte.
Und was für einen optimistischen Schwung und rhythmischen Schneid offenbart der junge Carl Nielsen schon gleich in seinem symphonischen Erstling! 1894 wurde das Stück in Kopenhagen uraufgeführt, da war Nielsen noch keine dreißig. Und doch verrät diese erste Symphonie schon viel von dem eigenwilligen, kraftvollen und herben Stil des dänischen Komponisten, der in keine Schublade passt. Das fängt schon bei der Dur-Moll-Spannung dieser g-Moll-Symphonie an, die in C-Dur beginnt und endet. Zur progressiven Harmonik kommen rhythmische Irritationen, das Scherzo etwa suggeriert ein eigentümliches metrisches Schwanken.

Brillant, dynamisch und genüßlich

"Ein Kind, das mit Dynamit spielt" – so nannte ein Kritiker der Uraufführung Nielsens Erste Symphonie. Tatsächlich ist bei Nielsen immer mit Überraschungen zu rechnen, selten bietet er das Vorhersehbare. Die besonderen Reize der Musik Nielsens kitzeln Sakari Oramo und seine fantastischen Stockholmer Philharmoniker brillant, dynamisch und genüßlich heraus. Das gilt erst recht für die zwanzig Jahre später entstandene Dritte Symphonie, die mit der Pranke des Könners zuschlägt. Mitten im kantigen Kopfsatz wartet Nielsen unversehens mit flotten Walzerklängen auf.

Energie und Lebensbejahung

Der Beiname der Dritten Symphonie von Nielsen, "Sinfonia espansiva", verweist weder auf die Dauer des Stücks noch auf die Orchesterbesetzung. Nielsen bezog den Begriff "expansiv" vor allem auf den Kopfsatz und sah darin einen "Ausbruch von Energie und Lebensbejahung". Den denkbar stärksten Kontrast dazu setzt der traumhaft schöne zweite Satz. In diesem Andante pastorale verstärkt Nielsen die kosmische Stimmung durch ekstatische Vokalisen einer Sopran- und einer Baritonstimme.

Spröde? Von wegen!

Die Idylle ist fast immer bedroht bei Nielsen. Den gebrochenen Tonfall stellen Sakari Oramo und das Royal Stockholm Philharmonic Orchestra ebenso souverän aus wie die insistierende Strenge, die überbordende Fülle oder auch das lyrische Strömen. Wer bislang glaubte, Nielsens Musik sei spröde, wird hier eines Besseren belehrt und mit hymnischen Klängen reich belohnt.

Carl Nielsen: Symphonien Nr. 1 und 3

Symphonie Nr. 1 g-Moll op. 7
Symphonie Nr. 3 op. 27 "Sinfonia espansiva"*
Anu Komsi (Sopran), Karl-Magnus Frederiksson (Bariton)*
Royal Stockholm Philharmonic Orchestra
Leitung: Sakari Oramo
Label: BIS

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