Nino Rota war der Fürst des italienischen Kinos der 50er bis 70er Jahre. Ohrwurmträchtig sind viele seiner Filmmusiken bis heute – Rota spielte sie aber als seine „kinematographischen Missetaten“ herunter und wies bescheiden darauf hin, dass er auch andere Musik komponiert habe, darunter Opern, Symphonien, Solistenkonzerte und Ballettmusiken. Sie standen lange im Schatten seiner Cinecittà-Erfolge und finden erst seit einigen Jahren ihren Weg auf den Plattenmarkt. Drei italienische Musiker haben jüngst beim Label Brilliant Classics Klavier- und Kammermusik ihres Landsmannes eingespielt.
Bildquelle: Brilliant Classics
CD Tipp 26.09.2016
Kammermusik von Nino Rota
Nino Rota machte keinen Unterschied zwischen U- und E-Musik, beide waren für ihn gleichwertig und bewegten sich im selben stilistischen Raum. Rota war immer Rota – ganz gleich, ob er fürs Kino oder für den Konzertsaal komponierte und das war sein Problem: Denn was ein Zelluloidmusikant durfte, war für einen seriösen Komponisten tabu; gemäß der damals tonangebenden Avantgarde-Ideologie war Rotas tonal geprägte, melodiöse Musik geradezu aufreizend anachronistisch. Von serieller Konstruktivität so weit entfernt wie pasta asciutta von Molekularküche, wurde er zum hoffnungslosen Nostalgiker abgestempelt. Neben Berio, Nono und Maderna galt Rota als der ewig Unzeitgemäße.
Zum Glück ließ sich der weltfremde Rota von derartigen Etikettierungen kaum beirren. Er, den sein Freund Fellini gern als Schmetterling bezeichnete, lebte in seiner eigenen Klangwelt. Dort flatterte er von romantischer Emphase zu lichter Klassizität, von musikantischem Übermut zu schlichter Gesanglichkeit, nicht ohne gelegentlichen Zwischenstopp in überdrehter Zirkushaftigkeit. Ein Eklektiker oder Neoklassiker war Rota nur bedingt, denn historische Stilelemente sind bei ihm nie als intellektuell-ironische Zitate platziert, sondern gehen ganz natürlich in seinem spontanen, unmittelbaren Musizieren auf. Seine Kompositionen sind immer Musik ohne Anführungszeichen.
Variationen und Fuge über den Namen Bach – solche introspektiven, chromatisch verdichteten Werke schrieb der hervorragende Pianist Nino Rota gerne für sich selbst. Für die neue CD des Labels Brilliant Classics setzte sich der wohl nur namensverwandte Gabriele Rota ans Klavier. In den charmanten kammermusikalischen Werken des Albums wird der Mailänder Konservatoriumsprofessor von Klarinettist Rocco Parisi und Cellist Andrea Favalessa unterstützt. Das hörbare Vergnügen dieses Trios am sprudelnden Ideenreichtum dieser Musik, an ihrer feinen Melancholie und ihrem schrägen Humor, wirkt ansteckend – "dolce vita" ganz ohne Leinwand! Nino Rota, der 1979 starb, wäre sicher erfreut über die derzeitige Wiederentdeckung seiner "altra musica" – wünschte er sich doch, man möge sich seiner mit "Heiterkeit, Optimismus und ein bisschen Nostalgie" erinnern.
Trio für Klarinette, Violoncello und Klavier
Sonate für Klarinette und Klavier D-Dur
Allegro Danzante für Klarinette und Klavier
"Lo spiritismo nella vecchia casa", Bühnenmusik für Klarinette solo
Variationen und Fuge über den Namen Bach für Klavier solo
Rocco Parisi, Klarinette
Andrea Favalessa, Violoncello
Gabriele Rota, Klavier
Label: Brilliant Classics